#metoo in der Medizin

8 03 2023

Ich weiß immer nicht, was ich sagen soll, wenn ich höre „Wozu #metoo – sowas gibts bei uns nicht“ oder „wir sind Ärzte, das macht keiner“ oder „wir sind alles gebildete Menschen, sowas brauchen wir nicht“. Meine Antwort darauf ist ganz klar: DOCH!

Ich beziehe mich jetzt – nur um es ganz klar abzugrenzen – auf das Verhältnis zwischen Ärzten und Ärztinnen und nicht auf Vorfälle mit Patienten. Die finde ich genauso verwerflich und strafbar. Ich möchte aber an dieser Stelle explizit dazu auffordern, dass wir Ärzte in unseren eigenen Organisationen Strukturen errichten, die es zum einen ermöglichen, dass anonyme Beratungen der Betroffenen erfolgen, dass präventiv strukturelle Änderungen geschaffen werden – sowohl in Kliniken, Praxen, MVZ aber auch in unseren ärztlichen Organisationen – und vor allem in Approbationsordnung und Weiterbildungsordnungen, dass es aber auch ermöglicht wird, dass Vorfälle verfolgt werden können, ohne dass Karrierestürze zur Bestrafung für die Betroffenen drohen, während Täter weiter in ihren Positionen verbleiben. Während ich dies schreibe, erscheint mir mein Wunsch nahezu unmöglich. Doch wenn keiner anfängt, das Thema anzusprechen, wenn niemand sich traut zu sagen, dass es in unserer Branche so etwas gibt, wenn niemand sagt, dass es Hilfe und Veränderung braucht, dann werden unsere Töchter genauso darunter leiden wie wir und wie unsere Mütter.

Ich war Studentin, gerade einmal 23, da bekam ich Differenzen mit meinem damaligen Doktorvater, für den ich auch HiWi-Dienste leistete. Es fiel irgendwann der Satz „Ich möchte keine Lippenbekenntnisse mehr, ich will einen Vertrauensbeweis!“. Ich fragte, wie er das meint. Ahnungslos, was da wirklich hinter stand, naiv wie man als junge Frau manchmal ist. Er antwortete „Genauso, wie ich es gesagt hab.“ Da mein Entschluss bereits stand, das dort alles hinter mir zu lassen, packte ich meine Kündigung auf den Tisch. Ich berichtete einem Kollegen von dem Gespräch, der etwas älter war als ich. Erst da begriff ich, welche Forderung da tatsächlich hinter stand.

Als Studentin im Chirurgie-Praktikum ging ich mit Kommilitonen die Treppe zur Kantine rauf. Ein Oberarzt ging hinter uns. Erst zog er mir an den Haaren, dann fasste er mir in BH-Höhe auf den Rücken. Ich drehte mich um, im Willen, demjenigen ein paar zu scheuern, als ich erkannte, es war ein Oberarzt, stoppte ich. Er lachte nur. Kein Wort der Entschuldigung, sondern der Satz, es hätte ihn so gelockt.

Während des PJs hatte ich schlicht Glück. Ich war in der uns allen verhassten Chirurgischen Klinik in einem Bereich eingesetzt, wo es keine Grapscher gab. In der Allgemeinchirurgie sah es anderes aus. Da versuchten die Mädchen ständig mit den Jungs zu tauschen für die OPs. Und es gab Ärzte die das gerne unterbunden haben, wenn sie es schafften. Hintergrund: Der PJ hält am OP-Tisch die Haken. Er ist steril, darf sich nicht bewegen und muss den Mund halten. Jedenfalls in der Klinik wo ich war. Er/sie kann sich nicht dagegen wehren, wenn ein Arzt mal gucken kommt, wie es läuft, der unsteril ist, also alles unsterile anfassen und sich bewegen darf, und den unsterilen Hintern einer Studentin anfasst, während er ihr über die Schulter guckt. Und alle schweigen – die OP-Schwestern, die das Problem kennen, die anderen Ärzte, die den Testosterongesteuerten Kollegen nur zu gut kennen, die Anästhesie, weil sie sich raushalten will und nicht zuletzt die Studentin, weil sie angeschrien wird, wenn sie wackelt, weil sie angeschnauzt wird, wenn sie was sagt und weil ihr sowieso keiner glauben würde und man beachte… weil sie genau diesen Arzt vielleicht fragen muss für ihre PJ-Bescheinigung oder vielleicht als Prüfer im Staatsexamen hat. Sollte das ein Kollege lesen, der selbst so eine unruhige Hand besitzt: Ich wünsche Ihnen nichts böses, weiß Gott nicht, das steht mir nicht zu. Ich hoffe für Ihre Tochter, dass sie den unbedingten Wunsch hat, Medizin zu studieren und sich nicht davon abbringen lässt und dann in eine Chirurgische Klinik eingeteilt wird, in der Sie keinen Einfluss haben. Sollte sich Ihnen gerade der Magen umdrehen, nehmen Sie eine Pantoprazol und denken mal stark über Ihr alltägliches Verhalten nach und lassen sich was gegen unruhige Hände geben.

Mir sind von Kolleginnen auch weit stärkere Übergriffe berichtet worden, Dinge, über die man kaum spricht, weil Aussage gegen Aussage steht, weil der Vorgesetzte das Weiterbildungszeugnis schreibt oder schlicht den OP-Plan beeinflusst oder den Dienstplan einteilt oder aber einfach einschüchternd genug ist. Unerwünschte Umarmungen, aufgezwungene Küsse oder deren Versuche, Brust anfassen beim Greifen nach etwas neben der Person. Es ist leider die Palette, die in jedem Unternehmen passieren kann, in jeder Einrichtung, egal wo und egal wann. Es ist immer das gleiche Spiel von Abhängigkeiten, Angst, Dominanz, Verleugnen und Schweigen derjenigen, die auf Augenhöhe mit den Tätern sind. Damals, als wir Studenten waren, haben wir die gehasst, die das taten (und mit wir meine ich meine Kommilitonen und Kommilitoninnen), wir waren Anfang-Mitte 20, die waren zwischen 40 und 60. Heute sind sie 60 und aufwärts und wir sind die zwischen 40 und 60. Wenn mir heute meine Famulantinnen von ihren Famulaturen erzählen, wenn junge Kolleginnen über solche Dinge heimlich berichten im Freundeskreis, dann bin ich entsetzt und denke, wir waren doch damals die, die es besser machen wollten… warum ist dann alles noch so wie damals?





Herrenwitz und toxische Männlichkeit mit Doktortitel

8 03 2023

Natürlich ist mir klar, dass ich mit Beiträgen wie diesen bei vielen die Illusion vom TV-geprägten Bild des edlen Mannes im weißen Gewand in Zweifel ziehe. Aber dieses Bild existiert tatsächlich nur in den Fernsehserien. In jedem weißen, oder fast weißen, Arztkittel steckt ein Mensch, männlich, weiblich oder divers. Und der männliche Mensch ist auch nicht anders als Akademiker anderer Profession, egal ob Ingenieur, BWLer, Lehrer oder Handwerker, Musiker etc. Fragt man seine Kolleginnen. Ich persönlich habe in über zwei Jahrzehnten alle Arten von männlichen Kollegen kennengelernt: liebe und nette Familienmenschen, die man einfach nur mögen muss, völlig karriereorientierte Typen, die mit dem Job verheiratet waren und sich für nichts anderes interessierten, und leider auch genügend Kollegen, die sich aus diversen Gründen ihren Kolleginnen gegenüber nicht besonders nett verhielten.

Thema: Catcalling und vergleichbare Anmachen

Wer glaubt, dass Ärzte das nicht machen, vergesst es. Stellt Euch vor, ihr seid Famulantin und euer Stationsarzt ist total nett, verheiratet, 2 Kinder, und dann kommt irgendwann aus dem Nichts so ein Spruch wie „na wenn ich noch jünger wäre, würde ich dich auch nicht von der Bettkante stoßen.“ oder „bei deinem Arsch solltest du dich nicht so viel bücken, sonst kann ich mich nicht konzentrieren“ oder „hast du nen Freund?“. Seid ihr drin in der Visualisierung der Situation? Mitten in der Stationsvisite oder im Arztzimmer? Ja? Dann versetzt Euch jetzt mal in die Emotion der Studentin im 4. Studienjahr, Anfang 20, die das von ihrem Stationsarzt, der ihr die Famulatur bescheinigen soll und über ihre täglichen Aufgaben entscheidet, Ende 30 zu hören bekommt. Wie reagiert man darauf? Schlagfertig? Liegt nicht jedem. Schweigen? Ihn darauf hinweisen, dass das gerade etwas zu weit ging? Hoffen, dass eine Ärztin das gehört hat und den Kollegen mal nett drauf hinweist? Mit welchem Gefühl geht sie nach Hause? Mit welchem Gefühl geht sie den nächsten Tag wieder hin? Ich lasse es mal so offen stehen…

Thema Herrenwitze

Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen über Jahre mit einem Kollegen zu arbeiten, der ein schier unerschöpflichen Vorrat an Herrenwitzen hatte. Leider brachte er sie irgendwann in Dauerschleife. Je schlechter seine Ehe wurde, desto mehr gab es davon zu hören. Vielleicht lag Ursache und Wirkung auch genau andersherum, wer weiß. Den Gipfel der Geschmacklosigkeit erreichte er gemeinsam mit zwei Vorgesetzten in einer Visite. Ich vertrat als Quotenfrau das weibliche Geschlecht mit Approbation. Es war außerdem noch eine junge Famulantin dabei, die gerade angefangen hatte. Nach einem Zoten-Warm Up während der Visite erreichte man den Höhepunkt vor einem Zimmer. Die Tür zum Zimmer der nächsten Patientin stand offen. Auf dem Flur saß ein neuer Patient. Wir standen um den Visitenwagen. Die Patientin war neu. Sie hatte eine schwere TumorOP im Gyn-Bereich in der Vorgeschichte. Es fiel der Satz „Naja, wie alt ist sie? Ach, da braucht sie das eh nicht mehr.“ Mein Puls ging hoch, ich schwieg, man korrigiert seinen Chef nicht ohne weiteres. Die Famulantin schaute verunsichert. Antwort meines geübten Kollegen „Ach, Chef, Sie wissen doch, auf alten Schiffen lernt man das Segeln!“ Eine Herrenrunde schüttete sich aus vor lachen. Vor offener Zimmertür, die Patientin hörte alles, unter Missachtung des Datenschutzes, vor einem neuen Patienten, vor einer jungen Frau Anfang 20. Nach dem Warm Up mit diversen Zoten in der Visite platzte mir der Kragen und ich schlug mit der flachen Hand auf den Visitenwagen. Ich sagte, das geht zu weit, die Tür steht offen, das ist respektlos und hier sitzen Patienten auf dem Flur und wir haben eine Studentin dabei, sowas gehört in die Eckkneipe, aber nicht in eine Chefarztvisite. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass die Patientin so gedemütigt wurde und alles hören konnte und niemand würde etwas sagen. Alles was mein Vorgesetzter fragte war, ob ich Feministin bin. Ich fragte, was es damit zu tun hat, ich habe einfach nichts übrig für Geschmacklosigkeiten gegenüber Patienten. Seine Nachbesprechung dazu diente wohl mehr dazu, sich zu versichern, dass es auf Station bleibt und nicht im Haus erzählt wird, oder hatte er wirklich ein schlechtes Gewissen? Keine Ahnung. Sollte sich einer der betreffenden hier wiedererkennen… ich empfehle zu schweigen und sich jede weitere Peinlichkeit der Offenbarung zu ersparen.

Natürlich ist dies exemplarisch herausgegriffen. Jede von Euch, die in Bereichen arbeitet, wo mehr Männer als Frauen sind, wird das in dieser oder ähnlicher Form vielleicht erlebt haben. Bei einem Frauenüberschuss habe ich das tatsächlich so gut wie nie erlebt. Auch Blondinenwitze sind immer wieder gerne genommen, gerade gegenüber jungen Kolleginnen, wenn ihnen Missgeschicke unterlaufen. Klar, es klingt wie ein Scherz. Sicher, man kann es als solchen abtun. Aber wenn es immer wieder vorkommt, stellt sich die Frage, ob dem Kollegen schlicht das Repertoire zu klein geraten ist oder aber ob eine gewisse Gewohnheit oder auch ein Muster dahinter steckt.

Thema PDE-4-Hemmer-Muster

Und? Wer von euch hat es erlebt? Es kommt ein Vertreter auf Station, es gibt einen neuen PDE4-Hemmer, neue Abpackung, Dosierung oder was auch immer und es gibt ein Muster. Der Kollege nimmt sein Muster an sich. Und hält dann die Hand auf und kassiert euer Muster ein bzw. Bringt die herzerweichende Geschichte von einem Freund, der dringend Hilfe braucht. Ich habe es mal fertig gebracht, das Muster, für das ich unterschrieben habe, in mein Fach einzuschließen und für Patienten aufzuheben. Ich wurde dafür zuerst mit der netten Geschichte bearbeitet, dann aggressiv angemacht, ich sei doch in keiner Beziehung (wobei ich meinen Beziehungsstatus nie öffentlich diskutiert habe), dann wurde er laut, schließlich war er kurz vor dem Toben und beschimpfte mich als gierig und Zicke. Ich finde, auch ein Arzt kann zum Urologen gehen, wenn er Erektionsprobleme hat und hat nicht das Recht, die Herausgabe von Mustern zu erzwingen. Seine Ehe konnten die Dinger auch nicht retten oder vielleicht haben gerade sie zum Ende derselbigen geführt, keiner weiß es.

Thema Einschüchtern und Ausgrenzen

Körpersprache ist bei Männern und Frauen verschieden. Auch innerhalb der Männer als Gruppe ist jeder individuell zu sehen. Und doch gibt es Muster, die bestimmte Männer immer wieder abrufen. Und sie tun es nicht nur zuhause, um sich in der Ehe durchzusetzen oder sonstwo, nein, sie tun es auf Station. Wer sich mit Körpersprache beschäftigt, kann so einiges beobachten. Ich habe mehrere Jahre in einem männlich dominierten Umfeld arbeiten müssen, teilweise als einzige Ärztin. Nicht leicht. Die Visiten zeigten oft ein eindeutiges Bild, insbesondere, wenn Kollegen anderer Fachrichtungen dabei waren. Selbst als Fachärztin wurde ich von vielen als „Beiwerk“ oder Sekretärin betrachtet, die die Akten tragen durfte. Das hab ich mir ziemlich schnell abgewöhnt. Zwischen nett und hilfsbereit bis zu ausnutzen ist ein schmaler Grat. Vor den Zimmern bildeten die Männer regelmäßig von ganz allein einen Kreis zum diskutieren. Ich stand mit der Stationsschwester als Frauen außerhalb. Man bezog uns schlichtweg nicht in die fachliche Diskussion ein. Und nein, ich habe nicht in einem Land gearbeitet, wo die Frau 5 Schritte nach dem Mann gehen muss. Mitten in Deutschland. Und wenn Ihr morgen Visite geht, dann beobachtet mal… Ich empfehle euch das Studium entsprechender Bücher zur Körpersprache, die es zur Genüge gibt…
Einer der Oberärzte hatte es am Wochenende immer drauf, bei der Visite die Frauen als Aktenträger zu benutzen. Irgendwann knallte er mir mal eine Kurve direkt vor den Brustkorb. An meine Brüste. Es tat weh, weil er Schwung hatte. Er merkte es glaube ich nicht mal mehr. Original Satz „Hier schreiben!“
Was auch oft gemacht wird, um seinen Willen durchzusetzen ist, dass die männlichen Kollegen lauter werden, gerade Vorgesetzte können das gut. Muss das sein? Wenn’s vernünftig ist, wo ist da die Diskussion? Lauter soll aber einschüchtern, Dominanz zeigen. Manchmal erinnerte mich alles an unsere nächsten Verwandten im Regenwald von Zentralafrika… Und ich meine nicht Homo sapiens. Auch Dominanzgesten kommen immer gut, sich groß machen, breit machen. Das führt dazu, das unbewußt bei vermeintlich schwächeren ein Rückzug und Anerkennen der Dominanz desjenigen erfolgt, was wiederum die Aufteilung der Arbeiten und die gesamte Kommunikation miteinander beeinflusst. Bei Kolleginnen habe ich sowas nie beobachtet. Die Spitze solcher Dominanzspiele war für mich, dass ein Assistenzarzt kurz vor der Facharztprüfung, der seinen Willen nicht bekam, mich als Prellbock nutzen wollte, und mich im Stationszimmer anschrie. Es hat an der Entscheidung unseres Vorgesetzten nichts geändert, aber an unserem Verhältnis zueinander nachhaltig. Ich fühlte mich als Prellbock missbraucht und als Frau diskriminiert.
Zum Ausgrenzen gehört für mich auch, dass oft männliche Assistenzärzte bevorzugt werden, wenn es um Eingriffe geht, während Frauen die Stationsarbeit mit Aufnahmen und Briefen aufgehalst wird, am besten verbunden mit einem Satz wie „Du kannst das so gut.“ Ein Kompliment ist dann ein Kompliment, wenn ernst gemeint ist und nicht zum erreichen eines Zweckes wie Abwälzen von Arbeit benutzt wird, dann ist es Manipulation.
Erstaunlich finde ich, dass in vielen Bereichen zuerst an männliche Kollegen herangetreten wird, wenn es um die Vergabe von Vorträgen geht, mit denen ein zusätzlicher Verdienst verbunden ist. Anders sieht es aus mit internen Fortbildungen, für die man Zeit aufwenden muss, aber weder Anerkennung externer Kollegen oder finanzieller Gewinn steht.

Ich möchte Euch einen Anstoß geben, darüber nachzudenken, wie ihr in Eurem Bereich arbeitet. Denkt mal darüber nach, wenn ihr nach Hause geht und der Tag war ok, aber ihr fühlt euch irgendwie schlecht und wisst nicht warum oder wenn sich alles irgendwie ungerecht anfühlt – vielleicht ist es das ja? Stellt euch einfach mal die Frage, ob Chancengleichheit wirklich da ist. Ich habe sie mir oft gestellt, aber die Antwort, die fand ich nicht schön.





Der Klimawandel und die Deutsche Diabetes Gesellschaft

26 05 2022

Derzeit läuft in Berlin die Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Sie vertritt die Diabetologen und interessierte Ärzte sowie über verbundene Organisationen auch Beratende Berufe und Patienten. Erstmals fand im Rahmen des Kongresses ein Forum zu Klimawandel und Diabetes statt. Ein Grund für mich, mich für diesen Vortragsblock zu entscheiden und ihm mit ca 250 anderen im Online-Livestream bzw. den Kollegen im Saal zu verfolgen. Meine Erwartung war: Infos zu Auswirkungen des Klimawandels auf die Erkrankung, die Rolle der DDG und wie man Praxen und Kliniken umweltbewusster gestalten kann.

Die Realität ist bekanntlich immer anders als man erwartet. Auch dieses Mal sollte die Regel zutreffen. Der erste Referent erschien gleich mal nicht, keiner wusste wieso. Ok. Bei den Moderatoren merkte man sofort: Es ist nicht ihr Thema, sie sind da so reingerutscht. Aber wenn einen das Leben oder die DDG an eine Aufgabe stellt, sollte man das beste draus machen. Denkt man. Der Moderator Dr. Alexander Risse hat sich die letzten Jahre viel mit Diabetischen Füßen befasst. Dieser Vortragsblock schien ihn allerdings auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Ich habe selten in Veranstaltungen erlebt, dass ein Moderator permanent bemüht war, entweder schlechte Witze zu machen (Humor und das Talent für das richtige Timing ist leider nicht jedem in die Wiege gelegt) oder aber das behandelte Thema schlicht ins lächerliche zu ziehen. Der Vortrag des zweiten Referenten war recht interessant. Seltsam aber die anschließende Diskussion. Man bemerkte, dass es auch für ihn offenbar noch nicht so lange ein Thema ist. Aber immerhin hat er sich als ehemaliger Präsident der DDG der Herausforderung gestellt. Doch bei der Frage einer Kollegin aus dem Chat kamen sowohl er als auch der Comedy-Moderator Dr. Risse an ihre Grenzen. Die Kollegin wollte schlicht wissen, ob es seitens der DDG schon Überlegungen gab zu den CO2-Fußabdrücken (das Wort bezog sich wohl auf einige Sätze im Vortrag zu den CO2-Fußabdrücken) des Kongresse als Live-Version, als wie dieses Mal durchgeführt Hybrid-Kongress oder reinem Online Kongress und ob es für die DDG bei künftigen Planungen eine Rolle spielen wird. Offenbar eine Frage mit viel berufspolitischem Hintergrund. Aber keine Herausforderung durch eine Frau ist für Männer am heutigen Herrentag so schwer, dass sie nicht bewältigt werden kann. Die Antwort des ehemaligen DDG-Präsidenten Dr. Siegel und des Moderators Dr. Risse kam in einem leicht abfälligen Lachen und dem Satz “Ja, die meisten Diabetologen fahren Rolltreppe auf dem Kongress.“ – Fremdschämattacken im Saal und offenbar an den Bildschirmen in Deutschland. Stärker hätte man seine Kompetenz bei dem Thema und die Bereitschaft der DDG sich mit aktuellen Themen zu befassen wohl nicht ausdrücken können.

Vielleicht sollte man den Hintergrund dazu erklären: Der Kongress hat große Sponsoren aus der Industrie. Diese sind mit einer Art Messehalle vor Ort, um an Ständen über ihre Produkte zu informieren und zu kommunizieren. Die Besucher zahlen eine Kongressgebühr, die so preiswert auch nicht ist. Sowohl vor Ort als auch online. Die Sponsoren können aber mit den Online-Teilnehmern nicht direkt ins Gespräch kommen. Ohne die Sponsoren wäre der Kongress für die Teilnehmer noch teurer. Man hatte das Gefühl, die DDG jagte jedes Jahr nach neuen Teilnehmerrekorden, vielleicht auch um für das Thema Diabetes eine politische Strahlkraft zu bekommen. Normalerweise sind etwa 6000 Teilnehmer (vor Corona) da gewesen. Jetzt bei reinen Online-Formaten oder Hybrid natürlich weniger (vor Ort, Gesamtzahl wohl identisch). Mal abgesehen von den Aspekten der Familie (Kinder, pflegende Angehörige), der Arbeit (Praxis zu, Urlaub nehmen in der Klinik) und der Zeit (Anfahrt und Abfahrt etc) ist da ja der ökologische Aspekt. Vor Corona kamen 6000 Leute mit Auto, Flugzeug oder Bahn, nutzten Hotels, Catering, die Kongresshallen hatten Rolltreppe, Klimaanlage, Sanitäranlagen etc. am Laufen, die Taxis fuhren ganztags, etc… Da ist die Frage nach einer CO2-Bilanz doch berechtigt. Immerhin stellen wir sie für Firmen, Urlaubsreisen, Kreuzfahrten, Autos und sonstwas auf. Wieso nicht auch dafür? Ich finde, der Umgang mit der o.g. Frage war absolut daneben und nicht zeitgemäß.

Den folgenden Vortrag sah man nur als Videoaufzeichnung des Referenten. Es war offenbar vergessen worden, im Vorfeld zu schauen, ob auch seine Folien überspielt wurden. Ist halt Herrentag heute… Dennoch waren die Worte des Kollegen um ein Vielfaches seriöser und zeigten ernsthafte Überlegungen, mit dem Thema Ressourcenverbrauch bei der Diabetesbehandlung umzugehen.

Die Kommentare aus dem Saal ließen mich als Zuhörer Hoffnung schöpfen. Es gibt Kollegen, die sich ernsthaft damit auseinander setzen und überlegen, wie man Verpackungsmüll reduzieren kann, Recycling verbessert oder sich trauen, der Industrie zu sagen, dass auch sie gefragt sind, an Verbesserungen zu arbeiten. Kollegen, die eben bereit sind, Dinge zu verändern, zu verbessern. Aber die saßen im Saal und schienen dem Raunen nach sichtlich enttäuscht von der Show vorne. Letztlich kam aus dem Saal von einem Verantwortlichen der DDG der Vorschlag eine Arbeitsgruppe oder ein Gremium zu gründen. Frage des Moderators Dr. Alexander Risse “Wir haben schon über 20 Arbeitsgruppen, ist das denn nötig?“ Im Saal wurde es laut, der Kollege mit dem Vorschlag entschied ja. Erstaunlich, hätte man nach der seltsamen Show nicht mehr erwartet. Daraufhin verabredeten sich -hauptsächlich männliche – Kollegen im Saal sofort nach der Sitzung die AG zu gründen. Ich frage mich, ob die Frauen, die im Chatroom ebenfalls ihr Interesse bekundeten und auch mitteilten, dass sie bereits vor einiger Zeit die Gründung erfolglos anregt hatten, jemals zum Zuge kommen werden. Kommentar von Dr. Alexander Risse “… da kommt ne schöne depressive Truppe zusammen…“ und “… machen wir was schönes katastrophales…“ und “…bei der nächsten Sitzung machen wir dann wieder etwas Weltuntergang…“ Wem an dieser Stelle die Worte fehlen, sei gesagt, dem Co-Moderator Dr. Martin Schulz ebenfalls. Sein Fremdschämen war kaum zu übersehen. Fremdschämen war in dieser Sitzung wohl eine der Hauptbeschäftigungen des Live- und des Onlinepublikums… Leider wollte ausgerechnet Dr. Risse mit in die Arbeitsgruppe. Meine Erwartungshaltung an die AG habe ich augenblicklich nach unten korrigiert. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, bin aber Realist… Und dieser verleiht Herrn Dr. Alexander Risse an dieser Stelle die Hölzernen Nüsse für sein fehlendes Bewusstsein zum Thema, seine antiquierte Haltung und das herablassende Verhalten, das möglicherweise seine Unsicherheit beim Thema überspielen sollte, sowie das Ignorieren der Kommentare der weiblichen Online-Teilnehmer, die sich zur Mitarbeit meldeten.

Es bleibt zu hoffen, dass das Engagement einzelner in der AG gebündelt werden kann und nicht durch schlechte Witze und männliche Eitelkeiten blockiert wird und für die Ärzte, Berater und die Patienten Vorschläge für einen „Green-Diabetes“ (und ich meine nicht nur Green-Washing), Verbesserungen für Abläufe in Praxen und Kliniken und medizinische Forschung zu Diabetes und Klimawandel gemacht werden.

Herrn Dr. Risse wünsche ich einen schönen Ruhestand und verbleibe mit dem Zitat “Schuster bleib bei deinen Leisten“ – in seinem Fall dem Diabetischen Fuß. Der braucht auch Engagement in den nächsten Jahren und es gibt bestimmt viele zynische Witze, die man darüber machen kann und die er noch nicht gebracht hat. Für das Thema Klimawandel gibt es genügend motivierte und verantwortungsbewußte Kollegen, die gerne mitmachen und sich schon eine Weile damit befassen. Denen wünsche ich viel Energie und bin offen für und gespannt auf Eure Vorschläge.





Impfprognose für Mai: es wird Stau geben

2 05 2021

So, dass wir impfen können als Hausärzte haben wir nun im Mai bewiesen. Dank des Einstiegs der Hausärzte in die Impfkampagne konnten die Zahlen der Impfungen pro Woche massiv nach oben geschraubt werden. Die Symbiose aus Impfzentren und Hausarztpraxen sowie inzwischen auch Facharztpraxen scheint zu klappen.

Dennoch bleibt ein Problem: Unsere werten Politiker haben zu wenig Impfstoff gekauft.

Nachdem wir im April jetzt zahlreiche Menschen geimpft haben, und es hätten in den Praxen deutlich mehr sein können, wird es demnächst zum Stau der Impfwilligen kommen. Warum?

Die Erklärung: Pro Woche gibt es jede Woche neu festgelegt ein Kontingent pro Praxis was bestellt werden darf. Für Biontech waren es jetzt zwischen 6 Dosen pro Praxis (ERNSTHAFT!!! Es gab eine Woche, da habe ich nur 6 Patienten geimpft!) und 48 Dosen pro Praxis. AstraZeneca schwankt, jedoch ist das Phänomen in MV, dass diejenigen, die Astra haben wollen, ins Impfzentrum gegangen sind, weil dort Unmengen vorhanden waren und Sonderaktionen liefen. Und diejenigen, die Astra nicht dürfen oder Risiken haben für Thrombosen, die melden sich in den Hausarztpraxen an. Das führt jetzt in MV zum Problem. Denn hier impfen die Impfzentren keine Erstimpfungen mehr mit AstraZeneca. Man hat keine Lust mit den Leuten aufklärende Gespräche zu führen. Das sollen die Hausärzte machen. Daher bekommen die jetzt AstraZeneca vermehrt zur Verfügung gestellt, haben aber kaum Leute auf den Wartelisten, die es haben wollen, jedenfalls nicht in den Mengen, die wir abnehmen sollen. Hausärzte bekommen für eine Impfung 20 Euro pro Impfung. Rechnet man aus, dass wir 4 Patienten anrufen, um einen Termin zu besetzen, weil die anderen 3 sich schon im Impfzentrum parallel angemeldet haben und dort bereits einen Termin hatten oder haben werden, dann telefoniert die MFA schon mal 15 min herum. Mit der Dokumentation – Chipkarte, Impfausweis, Aufklärungsbögen, Aufklärungsgespräch, Listen für Chargen führen, Abrechnung, Aktendokumentation und Meldung ans Meldesystem – geht nochmal pro Patient 10-15 min Zeit drauf. Das Aufziehen in Ruhe einer Ampulle für 6 Dosen dauert 10 min einschl. Anmischen, plus Impfen selbst mit reinkommen, ausziehen, impfen, anziehen, nochmal Hinweis für Wartezeit geben und Termin für die zweite Impfung raussuchen, dauert auch so seine Zeit je nach Patient 5-10 min. Der geneigte Mitleser kann sich ausrechnen, dass jeder Schlüsseldienst, Klempner oder Elektriker einen höheren Stundenlohn für diese Zeiten hätte, wenns außerhalb der regulären Arbeitszeit wäre. Und wir arbeiten außerhalb der regulären Sprechzeiten. Denn in der normalen vollen Sprechstunde mit jetzt den ganzen Sicherheitsauflagen, da schaffen wir es nicht. Es wäre auch kein Platz im Wartezimmer. Und schließlich sollen die Wartelisten auch wenigstens der Priorität und der Wartezeit nach gehen, nicht dem Zufallsprinzip folgen, wer gerade in der Praxis ist, weil er Termin hat, hat Glück. Letzteres wäre den meisten auf der Warteliste gegenüber sehr unfair. Und nun stelle man sich vor, dass wir zu den zusätzlichen Dingen auch noch lange Gespräche zu Astrazeneca führen sollen. Wann Bitteschön?! Wir kommen jetzt als einzelner Arzt an 4, manchmal an 5 Tagen in der Woche nur mit zwei Sprechstunden am Tag hin seit wir impfen. Achja und der normale Rest an Arbeit muss auch noch sein. Man kann sich glücklich schätzen, dass so viele mitmachen, bei dem doch großen Aufwand. Astrazeneca ist ein Impfstoff für die Impfzentren, nicht für die Praxen!!! Aber das begreift in den den Ministerien keiner.

Und ab Mai kommt das nächste Problem dazu: Wir führen die Zweitimpfungen für Biontech durch. Das heißt, dass unser Impfstoffkontingent in der Regel dafür draufgehen wird, dass wir die Zweitimpfungen machen können. Da wird oft kein Spielraum mehr sein für Erstimpfungen. Die Impfkampagne wird spätestens Mitte Mai arg ins Stocken kommen! Es wird ab Mitte Mai deutlich weniger Erstimpfungen geben!!! Nicht weil wir nicht wollen, nein wir arbeiten bis zum Umfallen und darüber… nein, weil wir nicht können mangels Impfstoff.

Das sieht nur noch keiner, weil es keiner sehen will. Ich habe noch keine Idee, was wir machen, wenn wir mehr Zweitimpfungen machen müssen, aber das Kontingent nicht reicht. Dann müssen wir schieben. Da wir aber auf 6 Wochen Abstand gehen sollten laut KBV ist kein Spielraum mehr, noch eine Woche zu warten, denn die Studien liefen mit 3-6 Wochen Abstand bei Biontech. Wie sollen wir das den Patienten erklären? Manche können auch nicht in der geplanten Woche, wegen OP, Infekt, Praxisurlaub, da müssen sie dann eher rankommen, aber was, wenn das Kontingent nicht reicht? Wir rufen es zwar im Urlaub nicht ab, aber bekommen vorher und nachher nicht entsprechend mehr, um das auszugleichen. Was für ein riesiger Quatsch!!!! Die Politik erwartet, dass die jetzt derzeit doppelt und dreifach belasteten Hausarztpraxen auf Urlaub verzichten, bis wir und unsere Teams genauso ausgelutscht sind, wie die Intensivmediziner und ihre Pflegekräfte, damit ihre eigenen Fehlentscheidungen durch uns ausgeglichen werden, und wir die Kontingente schön so abrufen, wie es auf dem Papier geplant ist.

Kleiner Aufruf: Überlegt Euch ruhig in Ruhe, wen ihr im September wählt… ist ja noch genug Zeit… könnt ja drüber nachdenken, während ihr euch versucht durch die Warteschleife der Impfzentren-Hotline zu quälen oder vergeblich versucht, beim Hausarzt einen Termin zum Impfen zu bekommen…





Nach dem Start gibts den Boykott

10 04 2021

Lange haben wir Hausärzte darauf gewartet. Diese Woche ging es endlich los: Wir dürfen Coronaimpfungen verabreichen. Nicht nur Hausärzte sondern auch Fachärzte wie Pulmologen, Onkologen, Gynäkologen. Wir alle stehen dafür, dass wir als Gemeinschaft der Ärzte im ambulanten Bereich unseren Beitrag leisten wollen, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Diesen Beitrag leisten wir eigentlich schon seit einem Jahr. Denn wir behandeln Corona-Verdachtsfälle, wir betreuen Corona-Patienten ambulant, wir testen und wir beraten zu Schutzmaßnahmen. Dabei wurden wir Hausärzte mehr als einmal durch überbordende Bürokratie, politische Ränkespiele und fehlende Bereitschaft der Entscheidungsträger, uns zu helfen, blockiert. Das hat mit Sicherheit einigen Menschen in diesem Land das Leben gekostet. Doch wie immer in so einer Situation: es gibt keine genauen Zahlen dazu, wieviele Menschen z.B. an falschen Teststrategien starben. Erinnern wir uns daran, dass jeder Urlauber getestet wurde. Kostenfrei. Im letzten Sommer. Doch wer schwerkrank war und in eine Reha wollte, musste seinen Test selbst bezahlen. Dafür war dann kein Geld mehr übrig. Das wurde für risikobereite Urlauber rausgeworfen, die nicht mal bereit waren, sich an präventiven Maßnahmen zu beteiligen. Andersherum wäre es besser gewesen: Die Urlauber zahlen und wir geben das Geld für die Testung und den Schutz kranker Menschen aus.

Gehen wir noch weiter zurück: damals zu Beginn zogen namhafte Politiker und auch Entscheidungsträger in Zweifel, dass eine Maske, und sei sie auch nur aus einem gefalteten Taschentuch gemacht, etwas an der Ausbreitung der Viren verändern könnte. Und das obwohl schon Jahre vorher über Aerosole und deren Verbreitung geforscht und publiziert wurde. Erinnerte ein wenig an „die Erde ist eine Scheibe“. Wir Ärzte riefen dazu auf, dass man Community-Masken propagiert. Es endete damit, dass ein Run auf medizinisches Equipment einsetzte und wir im medizinischen Bereich fast arbeitsunfähig waren. Als dann endlich eingesehen wurde, was Strömungswissenschaftler tausendfach wiederholten, war es für einige Menschen zu spät.

Als die Ärzte im Oktober die beginnende zweite Welle erkannten, die die Urlaubsrückkehrer einschleppten – denn clever war ja, nur einen Bruchteil von ihnen bei der Einreise nach D zu testen – da wurde gesagt: Oh, die Wirtschaft geht vor, das kommende Weihnachtsgeschäft. Die Welle kam, der Lockdown light versagte kläglich und anstatt im November einen konsequenten Lockdown zu fahren, damit das Weihnachtsgeschäft mit niedrigeren Zahlen starten kann bzw. Stattfinden hätte können, eierte man diskutierend vor sich hin und schädigte die Wirtschaft durch dieses November-Eiern und Dezember schließen dann so richtig. Ach ja – und auch das kostete zahlreichen Menschen das Leben.

Was kostet Menschen noch das Leben? Nun, wenn man Regeln aufstellt und negative Sanktionen in Aussicht stellt, wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, dann muss man diese auch umsetzen, sonst verlieren diese Sanktionen an Effekt. Was nützt es, wenn Geldstrafen darauf stehen, wenn Ferienwohnungen vermietet werden an Urlauber und es machen heimlich trotzdem etliche? Fährt man in MV umher, dann sieht man an manchen Stellen mehr auswärtige Kennzeichen als einheimische. Die Ladenöffnungen wurden flankiert von zahlreichen Einkaufstouristen. Und jetzt wundern wir uns in MV über steigende Zahlen. Und ist jemandem mal aufgefallen, dass wir mit schöner Regelmäßigkeit ansteigende Zahlen nach den Ferien haben? Sommer, Herbst, Weihnachten, Winterferien… Ostern… diese zeitliche Korrelation fällt schon irgendwie auf. Aber schaue ich in die Nachbarschaft, dann sehe ich, dass auch Staatsbeamte auf die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen …en. Wenn Ostern 3 Besucherautos aus anderen Bundesländern zeitgleich parken und alle zusammen in einer Wohnung sind, dann klatschen doch die Erreger in die Hände. Und danach gehts wieder in KITA und Grundschule und hurra, da wird dann geschlossen und die Krankenschwestern und MFA hocken mit den Quarantäne-Kids zuhause und fehlen an wichtigen Stellen.

Und was folgt jetzt? Nach dem Start der Impfkampagne in den Hausarztpraxen – und man muss sagen, dass pro Praxis etwa 20 Personen geimpft werden konnten – konnten wir vereint zeigen, dass wir als Mini-Impfzentren in der Fläche genauso viel leisten wie die Impfzentren, in denen sich im Wahlkampf befindliche Politiker derzeit so gerne ablichten lassen. Die Anzahl der Impfungen pro Tag wurde schlagartig verdoppelt in Deutschland. Dazu muss man sagen, dass die vielgerühmten Starterpakete für die Praxen, mit denen geimpft werden sollte, aus AstraZeneca-Impfstoff bestanden und zu dem Zeitpunkt verteilt wurden, als festgelegt wurde, dass der Impfstoff erst ab 60 zugelassen werden kann derzeit. Also mussten von den 20 Dosen in dieser Woche auch vor allem das Personal geimpft werden, das jetzt impfen soll, die ambulanten Corona-Patienten betreut und das medizinische Versorgungssystem stabil halten soll. Nächste Woche gibt es wieder nur so wenig pro Praxis. Dabei sind die Wartelisten nach 4 Tagen drei-fünfmal so lang. Manchmal auch länger. Viele sind Priorität 1 und haben zwar Einladungen in die Impfzentren bekommen, es aber nicht geschafft, per Telefon oder online an einen Termin zu kommen. Manche, die nicht mehr so frisch im Kopf sind, haben es gar nicht versucht, weil sie mit der Tatsache stundenlang in einer Warteschleife zu hängen, überfordert waren. Und wieder andere haben niemanden, der sie zum Impfzentrum bringt. In MV können das mal locker 100 km sein. Nicht jedermanns Sache und auch nicht immer körperlich abzuverlangen. Also egal was gesagt wird, Prio 1 ist definitiv noch nicht komplett geimpft. Dann gibt es viele aus Prio 2, die die gleichen Probleme haben. Oder aber die ein großes Misstrauen in die Impfzentren haben. Denn sie empfinden die Ansage: „sie kriegen was da ist“ als Bevormundung oder Impfzwang. Ich dachte auch immer, dass jeder in diesem Land entscheidet, was in seinen Körper gelangt an Medikamenten. Es gibt also viel zu tun. Und die Menschen haben Vertrauen in uns. Drei Tage hatten wir Gelegenheit zu zeigen, wie es gehen kann. Und wir haben es gezeigt.

Doch was tut die Politik? Sie (sorry) scheisst auf ihre Zusagen von vor 3 Wochen. Es gab geplante Kontingente für Arztpraxen. Es gibt immer mehr, die sich jetzt fürs Impfen bereit machen, Gynäkologen für die Frauen, Urologen für die Männer, Kardiologen trotz voller Terminbücher. Und ja, wir haben akzeptiert, dass es für die ersten zwei Wochen hieß, 20 Dosen pro Woche (wir könnten nächste Woche doppelt so viel, theoretisch…). Danach sollte aber nach der ersten Startphase, um uns aufzustellen und die Abläufe aufzubauen, deutlich mehr kommen. Jetzt kommt da dieser Minister für Gesundheit und Fehlentscheidungen daher und posaunt großartig raus, dass die Kontingente für Arztpraxen gekürzt werden. Als Begründung wird aufgeführt, dass die Länder für die Impfzentren mehr angefordert hätten. Ich hätte fast laut losgelacht. Wenn mir nicht gerade nach Wutausbruch gewesen wäre. Denn zur gleichen Zeit berichten die regionalen Sender von MV wie in einigen Impfzentren das Personal fehlt und Impfdosen rumliegen, weil man nicht hinterher kommt. Und an dieser Stelle überfällt 35000 Ärzte, die schon geimpft haben in den Praxen wohl die blanke Wut. Wir sind keine Konkurrenz für Impfzentren. Denn wir stehen nicht in Konkurrenz. Das geht nicht darum, wer am meisten impft (in Politikerdeutsch übersetzt: es geht nicht darum, wer den längsten hat), sondern verdammt nochmal ES GEHT DARUM, DASS WIR ÜBERHAUPT IMPFEN. Wir als niedergelassene Ärzte sind angetreten, trotz der Mehrbelastungen durch die Pandemie, die Auflagen und all das einen weiteren Beitrag, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, Menschenleben zu retten. Durch Prävention. Ist das wirklich euer Ernst, dass ihr in ausgelastete Impfzentren Dosen schickt, damit die dort auf Halde liegen oder damit sich wieder ein Haufen Politiker in ihrem Wahlkreis am Wochenende ins Impfzentrum stellen können, damit drittklassige Klatschreporter der Lokalpresse sie dabei ablichten, wie sie impfendes Personal bei der Arbeit nerven, während eine Impfen-mit-AstraZeneca-ohne-Termin-Aktion läuft? Wer diese Entscheidung trifft, begeht fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge und trägt die Schuld am Tod von Menschen. Wir haben aus dem nichts von einem auf den anderen Tag die Anzahl der täglichen Impfungen in Deutschland verdoppelt. Und wir haben noch Kapazitäten. Wir haben Patienten, die reihenweise bereit sind, auf Auswertungstermine zu verzichten, damit wir einmal pro Woche ganztags impfen können. Wir könnten so pro Praxis je nach Personal z.B. 100 Personen in einer Hausarztpraxis impfen, die klein ist und in größeren Praxen noch viel mehr. Bei 100 Praxen in einer Stadt wären das 10000 Personen pro Woche zusätzlich zu den Impfzentren. Und was tut ihr? Ihr haltet uns kurz, damit in ausgelasteten Impfzentren noch mehr Impfstoffe warten oder damit ihr medienwirksame Großaktionen fahren könnt mit schicken Fotos von langen Schlangen und vollen Hallen bei Impfen ohne Termin. Die Motivationen gehen offenbar deutlich auseinander. Aus dem Impfdebakel mit falschen Entscheidungen beim Einkauf und mangelnder Voraussicht der Entscheidungsträger hätte man ja irgendwie lernen können. Stattdessen folgt jetzt der egomanische Zug Impfstoffe den Hausärzten wieder drastisch zu reduzieren ab 19.4.21. Dann wird aus einem Impfstoffdebakel ein Impfstoff-GAU. Rechnet mal mit: 20 Dosen pro Woche. Ca 1000 Patienten hat ein Hausarzt in einer Großstadt pro Quartal. In 10 Wochen könnten dann 200 Patienten, also gerade 20% der Patienten geimpft werden. Impfzentren haben bisher im 1. Quartal geschafft, 11% der Bevölkerung zu impfen. Dürften dann in weiteren 10 Wochen 22% sein. Damit haben wir dann nach dem ersten Halbjahr 2021 geschätzt 42% der Patienten einer Hausarztpraxis / der Bevölkerung ohne Kinder geimpft. Je länger wir brauchen, desto höher wird aufgrund des Mutations- / Selektionsdrucks der Viren die Rate, die man für eine Community-Immunität braucht, die derzeit mit 70% geschätzt wird, dann vermutlich höher liegen wird. Nochmal: das ganze Zögern und Rumeiern und politisieren kostet Menschenleben. Habt ihr das verstanden? Da sterben Familienväter, Großeltern, die ein Leben hart gearbeitet haben und wenigstens den Schulabschluss der Enkel erleben wollten oder die goldene Hochzeit, ihr tötet Menschen, die geliebt werden, die unheimlich fehlen. Ihr sorgt dafür, dass neben einer Ehefrau das Bett morgens leer sein wird, wenn sie aufwacht, dass am Frühstückstisch ein Platz leer bleibt, dass der Traum vom nächsten gemeinsamen Urlaub mit den Kindern zerplatzt, dass niemand da ist, der mit dem Sohn Radfahren übt, der die Tochter ins Bett bringt und ihr einen Gutenacht-Kuss gibt. Ihr sorgt dafür dass Kinder nie erfahren, wie es ist, wenn Oma vorliest, wenn sie den ersten Liebeskummer wegtröstet oder den Führerschein mitfinanziert. Versteht ihr das?

Aus Patientensicht stellt sich das so dar: Du bekommst einen Brief. Ach nee, nicht alle, also eigentlich nur wenige. Dann versuchst du über Tage online und per Telefon an einen Termin zu kommen im Impfzentrum. Die Erfolgschance ist so wie bei der Losbude. Aber jetzt gehst du zu deinem Hausarzt, lässt dich für die Warteliste registrieren und könntest in 2 Wochen schon dran sein mit etwas Glück und ausreichendem Impfstoff. Dann kommt der Spahnsinn und Landespolitiker, die Impfzentren aus rein strategischen und politischen Überlegungen beliefern lassen wollen und kürzen alles drastisch ein. Am Ende hast du weder da noch dort die Chance geimpft zu werden. Herzlichen Glückwunsch, du bist Teilnehmer bei Deutschland-baut-den-Super-ImpfGAU.

Wir niedergelassenen Ärzte sind startklar, wir sind bereit unsere Freizeit zu opfern und die Teams sind bis in die Haarspitzen motiviert. Gott verdammt, gebt uns den Impfstoff und hört auf zu diskutieren! Kriegt den Arsch hoch und lasst uns ins Rennen kommen. Und seid Euch sicher: Wenn ihr uns jetzt im Stich lasst und das Leben unserer Patienten verspielt, dann werden wir das nicht vergessen. Und wir werden jeden Tag, der da kommen mag in unseren Praxen die Verursacher benennen, und das dürfte wesentlich effektiver im Wahlkampf sein, als nette Posterwände, die die Leistung von Photoshop präsentieren und euch mit Casting-Kindern und Promo-Hündchen zeigen.

35000 Praxen heißt es, haben diese Woche das impfen begonnen. 35000 united life-savers. Wir sind eure Ärzte und wir wollen euch impfen!





Ärzte zu pauschalem Lockdown

28 10 2020

Was mich derzeit am meisten anstinkt?

Ärzte, die sich in die Medien stellen, z.B. Der ARD bzw Tagesschau, und meinen für alle Ärzte zu sprechen. Konkret: KBV Chef Herr Dr. Gassen, ein Orthopäde (!!!!!!!!- und ich spare mir an dieser Stelle die altbekannten Witze, wir wissen alle wer den Topf mit Gold auf dem Fußballfeld bekommt…), Prof. Schmidt-Chanasit (bisher kein Fachbeitrag zu Covid-19, Stand heute Abend) und Prof. Streeck (bisher 3 Fachbeiträge zu Covid-19, Stand heute Abend).

https://www.tagesschau.de/inland/wissenschaftler-lockdown-101.html

Mal ganz ehrlich: da stellen sich 3 Leute hin, ein Orthopäde, der Verwaltungsarbeit macht, zwei Virologen, der eine auf HIV spezialisiert mit 3 Fachbeiträgen, die publiziert wurden, der andere auf Arbovirosen spezialisiert und noch keine Fachpublikation zum Thema Covid-19, schreiben an einem Positionspapier und behaupten damit die Meinung der Ärzteschaft zu vertreten. Das tun sie nicht. Kein Arzt aus meinem Umfeld, Internisten, Hausärzte, Anästhesisten fühlen sich dadurch ausreichend in ihrer Meinung vertreten. In kleinster Weise bildet sich die Medizin in Kliniken ab. Soll das jetzt ambulante und klinische Medizin auseinander treiben?
Wessen Meinung ist es denn eigentlich? Die der drei Verfasser und ihrer Anhänger oder Abhängigen? Die der Medien?

Wenn ich mich als KBV hinstelle und so etwas rausposaune, sollte ich wenigstens mal vorher schauen, mit wem ich das tue. Vielleicht nicht mit Personen, die unter Fachkollegen nicht gerade bekannt für ihre fachliche Expertise bezüglich Covid-19 sind? Fachliche Expertise heißt nicht, dass man mit Twitter umgehen kann. Wenn das die Fachqualifikation wäre, dann könnten wir Herrn Trump zum Weltvirologen erklären.

Ein Positionspapier mit viel heißer Luft und wenig Substanz… oder ich hab es überlesen… das sind doch vieles Dinge, die in Realität oftmals laufen oder geplant sind. Jedenfalls in MV. Andere Dinge sind so realitätsfern. Beispiel Putzfrauen und FFP2 Masken. Ja gut und schön, und wie soll das laufen? Die Reinigung ist in den Kliniken vom Outsourcing betroffen. Das sind keine klinikmitarbeiter. Wer soll der Kostenträger sein? Schnelltest vor dem Pflegeheim. Tolle Idee. Und realistisch betrachtet? Da arbeiten pro Wohnbereich 1 examinierte Pflegekraft. Die kann man dafür nicht abstellen. Der Rest sind Hilfskräfte. Die können oft noch nicht mal korrekt Insulin spritzen. In deren Händen einen fehleranfälligen Schnelltest, der bei falscher Anwendung falsche Ergebnisse liefert? Und so knapp besetzt, dass die oft nicht mal zum Toilettengang kommen. Denen soll man das jetzt auch noch aufnacken? Und wenn zusätzliches Personal, wo soll das her kommen? Und wer bezahlt?

Liest man genau, werden meckernde Zeitgenossen wie ich kritisieren, dass die selbstisolation von Risikogruppen befürwortet wird, damit sich eben nicht alle in Verantwortung begeben müssen. Die Last und auch irgendwo die Schuld für Infektionen, wenn’s doch passiert, wird auf die alten, kranken, schwachen verschoben. Hätten ja in ihrem Rapunzelturm bleiben können. Etliche jammerten, die armen Kinder, keine Schule, kein Spielplatz, kein kiffen auf dem Hinterhof. Aber mit den Großeltern kann man es machen? Ich finde es als Hausarzt jetzt schon schlimm, wie viele meiner alten Patienten weniger als 5 soziale Kontakte am Tag haben. Das nennt man häusliche Vereinsamung. Wenn das jetzt offene politische Forderung wird, dass du zuhause bleiben sollst, wenn du alt oder krank bist, wird manchem nur noch der Fernseher bleiben. Viele werden sich gar nicht mehr raus trauen, selbst zum spazieren gehen oder mal zum Doktor und der Apotheke. Schon gar nicht in den Kleingarten, wo es noch ein paar Meter weiter ist als zum Doktor. Es wird ihnen vorkommen, als wenn alles um sie herum gefährlich ist. Also noch gefährlicher als sonst. Schon jetzt merke ich bei den Patienten, dass sie mehr Ängste haben. Ich denke, dass dann die suizidrate unter alten steigen wird. Ist das Würde im Alter? Und was glaubt man, wieviel freie Hausbesuchskapazitäten in manchen Regionen noch sind? Dann können wir ne Sprechstunde schließen oder zwei. Nützt auch keinem was.
… und dann der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Musste es heute sein? Ich meine, wir müssen jetzt erstmal alles wieder in den Griff bekommen. Vor 8 Wochen hätte es vor Beginn der Urlaubsreisen Sinn gemacht, sowas zu diskutieren. Es würde Sinn machen, es in 3-4 Wochen zu diskutieren wenn die Zahlen hoffentlich wieder unter 5000 sind. Aber jetzt?! Was sollte das? Es trägt nur dazu bei, dass sowohl die Bevölkerung als auch die Ärzteschaft eine Spaltung erlebt, statt sich zu einen im gemeinsamen Kampf um Menschenleben. Mit Sicherheit hat man heute mehr Publikum als sonst, weil heute Entscheidungen fielen. Wenn das das Ziel war, ist es wie bei den Kids auf youtube… Forderungen stellen ist nicht gleichzusetzen mit Lösungen anbieten. Gelöst hat dieses Papier gar nichts, es trägt am heutigen Tag zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Es sät Zweifel und Misstrauen, wo wir Einheit brauchen. Aber da müsste man eben dazu übergehen, Dinge nicht über die Presse und Medien zu diskutieren wie C-Promis aus dem Dschungelcamp sondern wie erwachsene Menschen und Ärzte / Politiker auf Augenhöhe und gemeinsam mit allen, auch Physikern, Mathematikern, Soziologen, Pflegekräften etc.

Positonspapier des KBV Vorsitzenden

Herr Prof Streeck, einer der drei Autoren, sorgt bei mir immer für große Abwehr, egal was er sagt. Zum einen wie gesagt unterscheidet sich sein Portfolio an Papers in Fachjournalen deutlich von denen anderer. Zum anderen frage ich mich, warum jemand wie er sich derart in die Medien drängt. Was soll das? Es ist gefährlich, zu glauben, man weiß viel und tut es nicht, dabei aber laut herumzuschreien, dass alle glauben, na wenn er laut ist, wird es schon stimmen. Seine Heinsberg-Studie wurde vom Fachpublikum stark diskutiert, da die wissenschaftlichen Methoden nicht die besten waren. Und im Gegensatz zu allen anderen ließ er sich bzw das ganze Vorhaben von einer PR Agentur namens Storymachine unterstützen. Nomen est Omen… Wie das Blog medwatch berichtet, ist einer der Mitbegründer der frühere Chefredakteur der BILD Zeitung Kai Diekmann. Selbiger war früher im kritischen Bildblog.de sehr oft Thema. Wenn man nach der PR Agentur im Netz sucht, taucht außerdem der Name Philipp Jessen auf. Laut seinem derzeitigen Profil bei LinkedIn beschäftigt gewesen bei BILD, Bravo, Gala und Stern. Kann jetzt jeder selber überlegen, für wie seriös er diese Zeitschriften hält.

Was die mediale Präsenz des Herrn Streeck angeht… er scheint ja durchaus gute Kontakte zu Journalisten zu haben… jedenfalls gewinnt man irgendwie den Eindruck. Und bei mir ist der Eindruck einstanden, man versucht ihn zielgenau zu positionieren, zu einem Meinungsmacher zu machen. Macht zum Beispiel die Pharmaindustrie zum Vergleich genannt auch gerne. Einen regional angesehenen Arzt zu Vorträgen einladen, die werden durchaus neutral gehalten, gibt ja sonst vielleicht Ärger, und mit dem guten Ruf des Kollegen ganz unscheinbar mitschwingen, und systematisch hebt sich das Bild vom Sponsor bei den Ärzten der Region. Ein durchaus erfolgreiches Marketing für einige Unternehmen. Und mit Herrn Streeck, dessen Ego sich von den Medien wohl sehr angezogen zu fühlen scheint, hätte man doch jemanden, den man zu einem Multiplikator für Meinungen machen und aufbauen könnte. Da darf man ja durchaus polarisieren. Meinungen, die der PR Agentur entgegen kommen könnten. Und wenn ich überlege, dass die ehemaligen Arbeitgeber der PR Agentur verbundenen Herren ziemlich viele Anzeigenkunden aus der Wirtschaft haben, ziemlich gut bekannt sein dürften mit Politik und Wirtschaft durch ihre Vita, etc., dann bekommt die Tatsache, dass ein Virologe mit dem genannten Background sich so in die Medien begibt, ständig Äußerungen tätigt, die der Wirtschaft gefallen, den Gegnern der Maßnahmen auch, den intubierenden Anästhesisten und Gesundheitsämtern weniger, irgendwie einen merkwürdigen Touch.

Und genauso kritisiere ich die als Unterstützer aufgeführten Fachgesellschaften. Wie kann man sich so unkritisch an ein Positionspapier hängen? Wie wäre es mal mit Faktencheck im Vorfeld gewesen? Ihr seid alles eingetragene Vereine, hat mal einer vorher die Mitglieder zu ihrer Meinung gefragt? Auffällig ist für mich, dass Gesellschaften wie Labormedizin, Gynäkologie etc. da stehen. Und die Berufsverbände der niedergelassenen Ärzte. Zufällig ziemlich davon abhängig, welche Entscheidungen in der KBV fallen… Anästhesisten und Internisten aus der Klinik wie die DGIM stehen nicht drauf. Mal ehrlich, wieviel Covid-19 Patienten hat ein Gynäkologe betreut? Beatmet? Weaning gemacht? In der Reha gehabt?

Wie gut die aktuellen Maßnahmen ausreichen sehen wir ja. Wir sind etwa 3-4 Wochen hinter Belgien und Frankreich zurück. Wenn wir so weiter machen, dann stehen viele Familien statt unter der Weihnachtsbaum beim Bestatter und suchen Urnen aus. Dann fährt nicht DHL herum und wird heiß erwartet sondern wie Italien und New York die Leichenwagen. Da ja viele von den Epidemietreibern Eigenverantwortung mit einem Freibrief für Leichtsinn verwechseln sind wir inzwischen bei 15000 Infektionen pro Tag. Eigenverantwortlich zu sein heißt Freiheiten haben, aber sie mit Vernunft nutzen. Das passt aber nicht, wenn man denkt, es guckt keiner hin, dann ist auch kein Virus da. Es ist an der Zeit, dass auch die Optimisten begreifen, dass der Weg der Vernunft und der Eigenverantwortung gescheitert ist. So wie in den anderen Ländern.

Ich mache alle Kollegen, die jetzt noch glauben, es kann alles so weitergehen wie bisher, zu Mitverantwortlichen für all die Toten und Kranken mit Folgeschäden, die jetzt kommen. Heute haben 86 Familien in diesem Land jemanden verloren, der noch hätte leben können, wenn alle in diesem Land für ihr handeln Verantwortung getragen hätten. Bei der Grippewelle 17/18 gab es ca 1600 Tote mit nachgewiesener Laborbestätigter Infektion. Bei COVID sind es jetzt schon über 10000. Und im übrigen finde ich, dass wir all die Jahre vorher gerade Risikogruppen gegenüber viel zu fahrlässig mit Influenza umgegangen sind.
Außerdem macht ihr unsere eigenen Kollegen in den Hausarztpraxen und gerade in den Kliniken zum Kanonenfutter der Epidemie. In meiner Stadt haben seit der ersten Welle in einer Klinik die Hälfte der Ärzte und Schwestern gekündigt auf der ITS. Die hatten keine Lust mehr darauf, das kleinste Glied in der Nahrungskette zu sein. Es kann nur noch die Hälfte der Betten bewirtschaftet werden. Und in anderen Städten wird es nicht anders aussehen. Wenn ich das schon höre… es sind so und so viel Betten frei… wir haben so und so viel Beatmungsgeräte… kann ja noch viel doller kommen, noch ist ja Luft nach oben… noch können wir es drauf ankommen lassen… bloß keine Restaurants schließen, sonst muss man selbst kochen, bloß auf keine Party oder Feier verzichten, das Leben ist ja schon hart genug… hart? Hart?! So hart, wie nacheinander COVID Patienten zu intubieren und festzustellen, dass die freien ITS Betten längst in einigen Landkreisen nur noch Makulatur sind und jemand anderen sterben zu lassen, weil man kein freies Bett mehr hat und er den Transport woanders hin nicht mehr schafft? Und nach 12 Stunden mit Muskelkrämpfen nach Hause zu gehen oder auf dem Klinikparkplatz im Auto einzuschlafen? Mal ehrlich: Wieso geht ihr mit unseren eigenen Leuten so um? Schämt euch.





Die hölzernen Nüsse Oktober 2020

19 10 2020

Die hölzernen Nüsse – Mitleser erinnern sich vielleicht an frühere Beiträge- gehen dieses Mal an zwei Frauen. Ja an zwei Frauen. Konkret gesagt an Veronika Hackenbroch und Rafaela von Bredow aus der Redaktion des Spiegel für das Interview mit Prof. Sandra Ciesek, Virologin, vor einigen Tagen (s.u.). Sie wechselt sich mit Prof Drosten beim NDR Podcast ab. Wie im vorletzten Beitrag erläutert, befasst sich Frau Prof Ciesek – im Gegensatz zu einigen als Top-Virologen bezeichneten medienaffinen Professoren – seit diesem Jahr wissenschaftlich intensiver mit dem SARS-CoV2.
Jetzt durfte sie sich Fragen plattester Macho-Art gegenüber sehen, gestellt von zwei Frauen. Fragen wie:

„Ist Ihnen klar, dass Sie die Quotenfrau sind?“

oder

„Drosten ist ein Popstar, Sie hingegen sind die Neue an seiner Seite.“

oder

„Sie klingen nach Volkshochschule. Wollen Sie es in Zukunft spannender machen?“

Quelle: https://www.spiegel.de/wissenschaft/sandra-ciesek-ueber-corona-massnahmen-ein-gutes-beispiel-ist-daenemark-a-00000000-0002-0001-0000-000173548967

Mir liegen da gleich Fragen an die Journalistinnen auf der Zunge, bei denen ich überlege, ob es sich lohnt, sie zu stellen.
Sind die beiden Damen vom Spiegel denn die Quotenfrauen für Fragen mit diskriminierenden Inhalten? Ist den Damen klar, dass sie mit einer Professorin sprachen und nicht mit einer Z-Promitussi, die gerade aus dem Dschungelcamp entstiegen ist und sich irgendeinem anderen Z-Promi an den Hals geworfen hat? Haben die beiden Damen mal einen Volkshochschulkurs von innen gesehen? Den über Benimm vermutlich nicht. Sonst hätten sie den Einstieg in ein Interview niveauvoller gestaltet. Einem Interview, dessen weiterer Inhalt im übrigen völlig untergeht, weil man nach den ersten drei Fragen nicht weiterliest bzw. Die Menschen über die Art und Weise reden statt über den Inhalt zu Corona.

Das ganze klingt für mich danach, dass zwei Frauen aus einer Männerdomäne wie der Spiegel -Redaktion beweisen wollten, dass sie in der Lage sind genauso knallharte (?!… fürchterlich dämliche und diskriminierende…) Fragen zu stellen, wie einer ihrer machohaften Kollegen, die Frauen am liebsten am Herd oder dem Pin-up-Girl-Kalender sehen. Oder aber… und das finde ich noch bösartiger, da schlägt Stutenbissigkeit zu, Eifersucht auf die Karriere der anderen, die mediale Präsenz, die Intelligenz, das Fachwissen, …

in jedem Falle ein klares …🤮 das war weder frech, noch investigativ, noch offensiv, sondern schlicht respektlos gegenüber einer Frau, die fachlich besser und aktiver ist, als einige andere medial als Top-Virologen verkaufte Zeitgenossen. Von Frau zu Frau so eine Frechheit ist wirklich Unterste Schublade. Nicht allein, dass eine der wenigen Professorinnen in der Medizin – statt ihre Leistung für Gleichberechtigung zu würdigen indem man wenigstens ein Mindestmaß Höflichkeit aufbringt- in Machoart behandelt wird, sondern auch dass alle Journalistinnen sich gefallen lassen müssen, mit den beiden auf eine Stufe gestellt zu werden. Ich will nicht unbedingt wie Alice Schwarzer klingen, aber für Gleichberechtigung und Emanzipation war die Nummer ein Rückschritt. Obwohl … lasst doch mal Alice Schwarzer dazu sprechen. Für die Redaktion der Emma brauchen die beiden sich jedenfalls demnächst erstmal nicht zu bewerben.

Konsequent das Statement einer Journalistin dazu:

Hier der Kommentar der Virologin:

Der Kommentar von Prof Ciesek




Wie mit Maskengegnern umgehen?

30 08 2020

Ich finde es langsam an der Zeit, dass unsere Standesvertretungen sich Gedanken machen, wie wir als Ärzte mit Maskengegnern umgehen sollen.
Technisch erwiesen ist die Funktion der Maske als Aerosolbremse. Sie reduzieren die Verteilung von dem, was als Erregerreservoir in der Luft gilt – dem Aerosol. Kann man im Hausgebrauch als Demo mal ausprobieren, in dem man mit Deospray in die Luft sprüht und dann mal in eine Maske.
In einer Demokratie darf ja jeder denken, was er will. Er darf aber andere nicht in der körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigen. Gehen wir davon aus, denke ich, es ist gerechtfertigt, Den Maskengegnern das Nichttragen zu lassen, ihnen aber den Zugang zu Einrichtungen des Gesundheitssystems zu verwehren, wenn sich dort andere, die sie gefährden, aufhalten. Vielleicht müsste man dann Praxen einrichten, in denen diese Leute gesammelt behandelt werden. Quasi wie Kohortenisolation. In eine normale Praxis wie beim Hausarzt würde ich sie nicht lassen wollen. Gleiches gilt im ÖPNV. Vielleicht muss man dann Infektionsbahnen und Busse fahren lassen, wo man ohne Maske fährt, damit alle anderen sicher fahren können. Oder beim einkaufen eben vor Ladenschluss reinlassen, dass sich das aerosol mit lüften und über die Zeit unschädlich machen lässt.
Bei den Attesten für Maskengegner (und ich rede nicht von den medizinisch begründeten mit Herz oder Lungenproblemen, die es aus medizinischen Gründen nicht schaffen, aber trotzdem versuchen, um sich und andere nicht zu gefährden…) sollte aus meiner Sicht rechtlich eine Enthaftung für den Arzt drauf sein, dass er die Kosten bei Infektion durch fehlende Maske nicht trägt und auch nicht für eventuelle Ausbrüche durch den Maskengegner, der sich infiziert hat und andere ansteckt. Und es sollte außerdem auf diesem Attest eine Verzichtserklärung stehen, die dann vom Maskengegner zu unterschreiben ist, damit das Attest gültig ist: „Im Falle einer tatsächlichen Infektion und Erkrankung mit Covid-19 verzichte ich auf eine intensivmedizinische Behandlung sowie nichtinvasive und invasive Beatmung und bei Mangel an Behandlungskapazitäten auf eine stationäre Aufnahme sowie Inanspruchnahme des Notdienstsystems.“ Da diese Menschen Covid-19 für eine Erfindung halten, etwas, das es nicht gibt oder so harmlos ist wie Fußpilz oder ein Schnupfen, ist in der Schlussfolgerung demzufolge nicht zu erwarten, dass eine intensivmedizinische Betreuung oder Notfallbehandlung erforderlich ist. Also können sie so etwas im Gegenzug zum Nichtmasketragen-Attest problemlos unterschreiben.
Oder? Ich finde, es gehört in die Kammern zur Diskussion. Wir brauchen einen geregelten Umgang und Rechtssicherheit mit dem demokratischen Recht, etwas nicht zu wollen. Und Es gilt dabei die Notwendigkeit abzusichern, den Schutz und die Behandlung aller anderen zu gewährleisten, die in der demokratischen Mehrheit sind.





Der Feind in der eigenen Klinik

30 08 2020

Schlimm genug, dass man sich als Arzt inzwischen dafür rechtfertigen muss, dass man Menschen behandelt, sogar solche mit Covid-19, weil eine kleine Minderheit der Überzeugung ist, es handelt sich nicht um eine Krankheit, sondern eine Erfindung von einem großen Verschwörungsring. Schlimmer ist jedoch, dass offenbar ein paar dieser Trolle tatsächlich im medizinischen Bereich oder in Versorgungseinheiten für Gesundheitseinrichtungen arbeiten. Der Feind im eigenen Haus sozusagen. Und sie haben offenbar Zeit, neben der versuchten Erstürmung unseres Parlamentsgebäudes auch noch Kommentare in Blogs abzulassen.

Wie verhalten die sich auf Arbeit? Machen die alles, was Patienten und Mitarbeiter schützt? Oder sabotieren sie Hygienemassnahmen? Provozieren sie damit Infektionsketten? Sind sie loyal zu ihren Arbeitgebern oder zu ihrer wie auch immer gearteten Überzeugung? Wie gehen Arbeitgeber damit um?





Unfaire Kostenverteilung bei Corona-Tests

25 07 2020

Heute wird auf diversen Nachrichtenportalen verkündet, dass geplant ist, dass alle Reiserückkehrer, die nicht in der Lage waren auf einen Auslandsurlaub zu verzichten, kostenlos auf Coronavirus getestet werden können innerhalb der ersten 72h nach der Rückkehr.
Ich dachte, mich tritt ein Pferd.

Ich finde das unfair. Warum??? Weil alle kranken Menschen, die in eine Rehaklinik wollen, einen Negativen Coronatest vorweisen müssen. Und dieser ist nicht kostenlos, er wird auch nicht von den Kassen übernommen. Also Risikoverhalten auf Mallorca = kostenfreier Test, aber Herz-OP oder Bandscheibenvorfall = Test bezahlen. Ich weiß nicht, wer dem GBA, den Kassen, der Politik und den Ministerialbeamten so etwas nahegelegt hat. Aber wenn jemand eine Reha braucht, dann würde ich jetzt einfach sagen, ich war mal kurz im Ausland, ich hätte gerne den kostenfreien Test… Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit… Menschen die auf sich achten müssen, werden bestraft und die Deppen, die nicht mal ein Jahr auf Auslandsurlaub, billiges türkisches All-inclusive-Hotel und Saufen auf Malle verzichten können, weil sie ihre Frontallappen nicht ausreichend steuern können, denen schenken wir für Risikoverhalten und Verstand ausschalten einen kostenfreien Test?

Und dann lese ich, dass es die Gesundheitsämter und Hausarztpraxen machen sollen. Das Gesundheitsamt in unserer Stadt testet selbst nur marginal. Dafür starten wir dann mit dem Run auf die Hausarztpraxen, in die sich endlich wieder die chronisch kranken Menschen trauen, und die jetzt dort, wo dringend Kontrollen nachgeholt werden müssen aus der Lockdown-Zeit, auf die Malle-Deppen und Türkei-Schnäppchenjäger treffen. Na Prost Mahlzeit. Soll das jetzt das schwedische Modell werden, wo man ohne es groß zu kommentieren gar nicht so wirklich was tat und dafür die Rentenkassen entlastet und Pflegeheime für Neuaufnahmen beräumt?!
Ich bin ehrlich gesagt nicht bereit, als Hausärztin in einem MVZ mit zahlreichen herzkranken, lungenkranken, diabeteskranken und älteren sehr netten Menschen auch nur einen davon zu gefährden, nur weil es jüngere und vermeintlich gesündere gibt, die glauben, es gibt nur sie und sie schulden weder der Elterngeneration noch der Allgemeinheit irgendetwas, Rücksicht zum Beispiel.
Interessanterweise hat unsere KV ja auch mal eben vor den Ferien alle Testzentren ratzfatz dicht gemacht. War ja auch nicht zu erwarten was jetzt passiert… merkwürdig, für uns Hausärzte schon. Aber uns hat man da zu Spielverderbern hingestellt, die die Tourismuswirtschaft hassen würden und zu jammernd und ängstlich seien… ja nee, is klar…

Der sächsische Ministerpräsident und Herr Lauterbach verkünden, dass die zweite Welle begonnen hat. Ja das hat sie. Auch bei uns in MV. Leider.
Es gibt nur einen Weg, das ganze vernünftig zu steuern.
1. macht sofort die Drive-in-Testzentren wieder auf!
2. Fangt endlich wieder an, die Einhaltung der noch gültigen Regeln zu kontrollieren. Es geht hier Gott verdammt nochmal nicht um die Befindlichkeiten von SUV-fahrenden Hotelliers und wohlstandsadipösen Gastronomen. Es geht um Menschenleben. Vielleicht um das Eurer Liebsten oder das Eurer Eltern. Jeder Ort könnte einen Haufen Geld in die Stadtkassen spülen, wenn der Ordnungsdienst plus Polizei Kontrollen machen würden. Und man würde viele da erreichen, wo das Handeln gesteuert wird- im Portemonnaie. Das Hirn ist ja beim Saufen auf Malle geblieben oder durch WhatsApp und Facebook in Digitalnarkose gelegt.
3. ändert die Hygienepläne in den KITAs und Schulen. Staffelt die Pausenzeiten, trennt die Klassenstufen räumlich, nutzt mehr Außenbereiche und verbietet es konsequent, kranke Kinder in KITA oder Schule zu lassen.
4. übernehmt die Kosten für Tests vor Rehas etc. Was soll der Schwachsinn, Kranke zu benachteiligten, aber gesunden Auslandsrückkehrern kostenfreie Tests anzubieten? Entweder alle oder keiner.
5. stattet die Gesundheitsämter sofort mit mehr Personal aus. Bestimmte Tätigkeiten können auch nicht medizinisch ausgebildete Leute übernehmen. Bevor in anderen Ämtern Personal gekürzt wird, setzt es um.
Und hört endlich auf, euch in die Tasche zu lügen. Es reicht nicht, die Fälle nach Hauptwohnsitz zu erfassen. Viel wichtiger ist der Entstehungsort bzw. Der Ort der Infektion. Denn da kocht es. MV ist derzeit das beste Beispiel. Kennzeichen aus allen BuLä sind hier, dazu Schweden, Dänen, Spanier, Schweizer, Italiener, Slowaken, Polen, Kroaten… ich fürchte, irgendwo hier wird es ein MV-Ischgl geben, in Swinemünde auf der polnischen Seite scheint sich gerade so etwas zu entwickeln… aber obwohl sich Auswärtige infiziert hatten IN MV, tönte es zehn Tage lang, Hurra wir sind Coronafrei und Vorbild. Nichts sind wir, wir sind auf dem auswärtigen Auge blind, damit die Hotels und Gaststätten und die FeWo-Besitzer aus BY, BW, HEssen, NDS usw. Geld an ihrem Betongold verdienen können, dass Immobilienmakler und Anlageberater ihnen aufgeschwatzt haben und das das Leben hier so teuer macht, dass eine normale Familie, die in Badeorten arbeitet, nicht mehr wie früher dort leben kann. Und während Marie aus MV die FeWo putzt, aus der Coronapositive abgereist sind, werden diese für Sonstwo gemeldet, aber Marie glaubt, hier gibt es keine Fälle und plötzlich schnieft sie und sitzt beim Landarzt neben Oma Müller mit Herzschwäche und Herrn Schmidt mit Diabetes. So ungefähr wird’s laufen…
6. Beendet sofort das Verfahren, dass bereits bekannte Kontaktpersonen nur angeschrieben werden. Und das obwohl Telefonnummern vorliegen. Der Postweg dauert einschließlich Poststelle im Gesundheitsamt nach meiner Erfahrung 4 Tage. 4 Tage… habt ihr eine Vorstellung, was in der Zeit manche Leute wie Lehrer, Pflegedienste, Verkäufer etc. an Kontakten haben? Ruft wenigstens an, dass man sie krank schreiben oder freistellen kann, auch wenn die Post später kommt.
7. Es muss Gesetz werden, dass alle Rückkehrer bei Einreise Egal ob Flug, Schiff, Auto erfasst werden, unter Quarantäne gestellt werden und diese Info unverzüglich via Amtshilfe an die Gesundheitsämter geht, die dann eine verpflichtende Quarantäne schriftlich bestätigen. Wenn man 3 Wochen Urlaub hat und unbedingt irgendwo Risiko am Ballermann sucht, kann man die Zweite und Dritte Woche dann in Ruhe lesen zuhause oder die Wohnung putzen. Oder den Schalter fürs Gehirn suchen. Und für die Unbelehrbaren sollte es ein Straftatbestand sein, da andere in der Gesundheit verletzt oder zum Teil getötet werden. Es wäre dann Möglich von den zum Zeitpunkt X unter Quarantäne stehenden Personen der Region zu schauen, wer in der Funkzelle eingeloggt war, wo gerade ein Ausbruch loslief und die gesetzlich festgelegte Regelung, dass sämtliche verursachte Kosten durch Nichteinhaltung als Schadenshaftung übernommen werden müssen. Das wird teuer… allein die Betriebsausfälle, die da oftmals zusammenkommen… das dürfte effektiver als ein Bußgeld sein, da Haftpflichtversicherungen bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nicht oder nur eingeschränkt zahlen.
8. Ich habe seit Monaten keine Fahrkartenkontrollen mehr im ÖPNV erlebt. Was mich riesig stört sind Menschen, gerade jüngere, die im ÖPNV auf die Maske schei… so viele Behinderte gibt es gar nicht, die keine Maske tragen müssen, die ich täglich im ÖPNV sehe… und wenn eine getragen wird, dann hängt sie unter der Nase… da hilft sie nicht, weder dem Träger noch den anderen Menschen. Manchmal möchte ich mich hinstellen und laut rufen… „Haben Sie das gewusst, man kann den IQ jetzt ganz schnell bestimmen, in einer Sekunde! Man braucht nur gucken ob und wie jemand die Alltagsmaske trägt und schon ist alles klar… ach Sie da mit der Maske unter der Nase, soll ich Ihnen die Haltestellennamen vorlesen?“
9. ein tätlicher Angriff wegen Maskenverweigerung auf eine andere Person sollte massivst bestraft werden, nicht allein dass es oftmals schon schwere Körperverletzung ist, sondern es sollte aufgrund dieses Motivs eine besondere Schwere zuerkannt bekommen.
Und nicht ganz so dringend: 10. Für das Steuerrecht schlage ich vor, dass Masken, Desinfektionsmittel und andere Schutzmaßnahmen als außergewöhnliche Belastung für alle absetzbar sein sollten. Es würde motivierend auf die Menschen wirken, denke ich, wenn der Staat dadurch anerkennt, dass das oft knappe Einkommen gerade auch bei Menschen in finanzschwachen Regionen, strapaziert wird und anerkennen, dass sich der Einzelne an der Bekämpfung der Pandemie beteiligt.