Mal was anderes – und gut ist’s auch noch

15 12 2011

Ich gebe es offen zu: ich gehöre zu der Hälfte der Bevölkerung, die die letzten Jahre einfach eine Überdosis von „Last Christmas“ abbekommen hat. Letztes Jahr lief auf einem Sender die Aktion „Garantiert Last Christmas – frei“. Fand ich klasse.  Vielleicht hat die Abstinenz geholfen… man weiß es nicht. Dieses Jahr hat sich der NDR in MV was Interessantes ausgedacht: Künstler aus MV singen ihre Version von „Last Christmas“. Ich hätte nie geglaubt, dass man das Lied wieder ohne Gesichtverziehen und aufjaulen hören kann, selbst wenn es jemand anderes singt. Zum einen find ich es toll, dass es hier so ein breites Spektrum von musisch aktiven Leuten gibt – von Rock bis Klassik, Gospelchor, Sambatruppe… Und die haben offensichtlich Spaß dabei und das sieht man. Zum anderen ist die Zusammenstellung des NDR wirklich verdammt gut gelungen. Schade, dass es nicht auf Youtube zu finden ist (lieber NDR, bitte auf Youtube stellen!). Aber hier mal der Link zum Video:

http://www.ndr.de/radiomv/lastchristmas241.html

Also mir gefällts und deshalb wollt ich euch das nicht vorenthalten.  Adventsgrüße aus dem Norden!

Update: Es ist jetzt auf Youtube zu finden!





Ich sehe was…

12 02 2010

was du nicht siehst… und das ist weiß.

Schnee. Überall Schnee. Irgendwo zwischen 20 cm und 2 m je nach Schneeberg, der aufgeschüttet wurde oder Schneewehe, die grad vom Sturm mit Windstärke 8 bis 9 zusammengepustet wird. Seit dem 1. Januar durchgehend eine Schneedecke. Mir fehlt die Erinnerung, wann das in meinem Leben schon mal so war. Das ist zumindest die letzten 30 Jahre hier im Norden nicht normal. Im Internet fand ich bei der Tagesschau die Erklärung, dass ja El Nino wieder losgeht. Soso. Ich hätte ja viel mehr Spaß am Schnee, wenn ich 1. Nicht arbeiten müsste sondern auch Urlaub hätte, 2. Ski laufen könnte, 3. wüsste, wo ich mein Auto hinstelle weil die Parklücken voller Schneehaufen sind und 4. der Winterdienst mal arbeiten würde wie es sich gehört. Jetzt schneits und stürmts wieder aufm Freitag und ich gehe jede Wette ein, dass Montag früh der erste Schneepflug auf unserer Straße Klasse A (wichtig) fährt. Der nicht beräumte Schneematsch der letzten Wochen wurde als Matsch ja nicht weggemacht. Nein, der blieb liegen, obwohl schieben ja so einfach gewesen wäre. Nee, man hat gewartet, bis es jetzt eine Eisschicht ist wie aufm Gletscher. Undurchdringlich, hart wie Stahl. Mit Asphaltfräsen sind sie teilweise unterwegs um das Eis auf den Straßen zu knacken. Die Gehwege hier sehen aus… es ist ne Katastrophe. Das pure Eis so 5-10 cm dick! In den Unfallchirurgischen Kliniken ist die Betten-Auslastung bei 110%. Insider wissen, wie das läuft, normalerweise liegt sie so bei 80 – 90%. Das Aufkommen in den Praxen und Notaufnahmen ist 4 – 6 x höher als sonst im Winter. Die Leute stehen teils auf den Fluren in den Betten mit Spanischen Wänden. Wartezeiten in den Notaufnahmen erfordern stundenlange Geduld. Schwestern und Pfleger gipsen im Akkord, Mädchenfänger sind mit Warteschlangen belegt, OP-Material geht aus, der Nachschub-LKW hängt in den Schneewehen fest oder im Stau, weil die Straßen nicht beräumt sind… Es ist das erste mal seit Jahren, dass ich erlebe, dass die Unfallchirurgen selbst Betten-Support brauchen statt anderen Fachrichtungen mit Betten auszuhelfen.
Und bei all dem Eis auf den Gehwegen gehen doch immer noch alte Leute raus am Rollator und spazieren und brechen sich die Knochen. Trotz Warnung im TV, Radio und den Zeitungen. Wenn man die fragt, gings nicht mal ums einkaufen, sondern weil sie mal spazieren wollten und sich das angucken. Ist verständlich, aber wie kann man nur so leichtsinnig sein?

Und ich kann nur eins sagen: Schuld sind nicht die Leute im Räumfahrzeug am Steuer (nee, die erfahren inzwischen wie das ist, 24-h-Dienst zu machen), sondern die bornierten Typen hinter ihren breiten Schreibtischen, die keinen Bock haben, Geld für den Winterdienst locker zu machen, um zusätzliche Leute anzuheuern. Wie kann man so bekloppt sein und wartet bis der Schneematsch, der tagelang nass auf den Gehwegen rumliegt beim nächsten Frost zu Eisbahnen mutiert? Was soll der Unfug, nur zu räumen, wenn der Schnee von oben fällt? Denkt da überhaupt mal einer nach? Hat mal einer ne Ahnung, was es kostet für die Krankenkassen und Unfallkassen und welche Folgeschäden sich manche bei ner Fraktur holen? Kenne keinen, der Lust auf nen Sudeck nach der Radialisfraktur wegen nicht geräumter Gehwege hat. Bei einer AL-Quote von teils 15% mangelt es sicher nicht an Leuten, die für den gesetzlichen Mindestlohn statt auf dem Bau, LKW, PIN oder sonstwo für die Stadt Schneeschieben würden. Da gibts nämlich fast nie Mindestlohn, so dass so ein Angebot vermutlich ne Alternative wäre, wenn auch ziemlich kurz. Und dann gibts ja noch diese Hausmeister-Service-Firmen… Ja, jetzt zeigen sich die schwarzen Schafe, die nur kassieren, aber nix machen. So einen hat unser Vermieter erwischt. Aber es steht auch kein Schneeschieber mehr im Keller, den könnt ja einer klauen, so dass verzweifelte Mieter sich neulich mit den Kehrschaufeln versuchten zu behelfen. Wenn ich demnächst mal einen Schneeschieber zu fassen kriege, weiß ich, wen ich damit durch die Straßen scheuche…

So Assistenzarzt ist in Rage… versteckt die Schneeschieber… und die Vermieter und diesen Hausmeister-Service…





Eingeschneit

31 01 2010

Hier meldet sich Assistenzarzt aus dem Schnee. Rundherum nur Schnee. Sowas kenn ich bisher nur aus Norwegen. Schnee, Schnee, Schnee. Selbst der Ort in dem Assistenzarzt wohnt ist eingeschneit. Aber inzwischen wieder der Außenwelt zugängig.

Aber fangen wir von vorne an. Im Dezember hatten wir genau 1 Woche lang bis einschließlich Heiligabend eine geschlossene Schneedecke. Wie ich berichtete, war das schon ungewöhnlich für diese Gegend. Passiert vielleicht einmal alle 10 Jahre. Dann hatten wir eine Woche Ruhe. Am 1. Januar fings wieder an zu schneien. Und seitdem haben wir eine geschlossene Schneedecke, meist so um 10 cm Höhe, aktuell so irgendwo zwischen 25 und 40 cm, je nach Landesteil. Es gibt wenige Winter mit viel Schnee, an die ich mich erinnere. Vielleicht 2 wo der Schnee länger lag. Aber sowas wie derzeit… Also Tief Daisy hatte uns ja einen Schneesturm gebracht. Verwehungen bis 3 m Höhe und so. Es hat ein paar Tage gedauert und die Hilfe von Bauern und Bauunternehmen etc. gebraucht, bis wieder alle Orte erreichbar waren. Die Nachbarn drüben auf Fehmarn hatte es ja genauso schlimm erwischt wie Rügen, allerdings hatten die das Pech, dass der Eisdruck von den Eisschollen auf die Deiche ganz schön was kaputt gemacht hatte. Tja, seit 31 Tagen ist es durchgehend weiß draußen. Das ist definitiv nicht normal hier oben. Der Schneesturm von Freitag zu Samstag war ja noch einen Zacken schärfer als Daisy. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal in so einem Schneetreiben war, wie da. Man konnte das Haus gegenüber nicht mehr sehen. Es ist ein Wunder, dass keiner verloren gegangen ist und sich verirrt hat. Die Schneeflocken kamen quer. Und gestern vormittag schlagartig war alles vor bei und blauer Himmel und Sonnenschein auf eine Schneelandschaft. Genug Zeit für eine Bestandsanalyse. Die Autobahnen bis auf wenige Kilometer gesperrt. Die Bundesstraßen zum großen Teil auch. Von den meisten Nebenstraßen brauchen wir gar nicht reden, denn man sieht sie nicht mehr. Welch gute Erfindung doch Alleen sind… da weiß man wenigstens, wo mal die Straße war… Zugverkehr nicht mehr existent. Rügen abgeschnitten von der Außenwelt bis die Schneepflüge, Radlader und Fräsen die Brücke frei hatten. Hiddensee ist immer noch abgeschnitten. Fahrrinne zugefroren, Fähre kaputt. Selbst die größte Stadt des Landes – Rostock – war lahmgelegt bzw. quasi abgeschnitten – keine Züge fuhren, auch dort kein Nahverkehr, Zubringerstraßen bis auf 2 alle dicht… Den Klützer Winkel (bitte googlen) hats wie bei Daisy auch wieder entschärft.  Das Hansa-Spiel wurde abgesagt, dutzende andere Veranstaltungen auch. Die Feuerwehr macht notfallmäßig Dächer schneefrei, weil Dachlawinen runterkamen bzw. die ersten Dächer knicken schon ein von der Schneelast. Stromausfälle gabs mehrere, allerdings bemühte man sich, diese zu beheben. Scheiterte daran, dass die Mechaniker auch im Schnee festhingen. Der Winterdienst vielerorts hing ebenfalls im Graben oder in Schneewehen. Das THW ist auch immer noch im Dauereinsatz.  Am robustesten waren noch die Radlader der Bauunternehmen. Die brauchts auch, denn die Schneewehen sind wie Beton. Seit ich glaube zwei Wochen wird mit Salz sowieso nur noch auf den Autobahnen und Bundesstraßen gestreut. Weil viele Städte kein Geld haben, wird auch am Winterdienst gespart. Wenn das Geld aufgebraucht ist, was im Haushalt eingeplant war, dann ist eben Schluss. Schön, wenn man weiß, dass die gezahlten Steuern so sinnvoll verwendet werden. Seit Freitag früh hab ich hier keinen Schneepflug gesehen. Die Leute haben ihre Autos ausgegraben aus den Parklücken und fahren, wenn sie überhaupt fahren, auf 15 cm zusammengepresster Schneedecke auf der Straße. Bremsen Fehlanzeige. Manche haben Bürgerselbsthilfe angefangen und holen Schaufeln und Schneeschieber raus um die Gehwege und Straßen zu entschärfen, weil die lieben Vermieter am Wochenende keine Räumfirmen bezahlen! Wie der Vermieter von Assistenzarzt zum Beispiel. Wenn die Städte ihre Ordnungsämter losschicken würden, um jetzt die Ordnungsstrafen zu kassieren für mangelhaftem Nachkommen der Räumpflicht wäre wieder genug Geld da, um die Hauptstraßen zu beräumen… Das Problem ist glaub ich nicht der Winter… kam ja auch so überraschend und war nur schon eine Woche vorher angekündigt (und zwar beide Schneestürme)… sondern Hauptproblem ist der völlig inakzeptable Winterdienst. Und meine Kritik gilt nicht den Leuten, die auf den Wagen sitzen und Überstunden schieben sondern den Dumpfbacken, die zu wenig Geld rausrücken, um noch mehr Überstunden zu bezahlen oder mal Leiharbeitsfirmen ranzuholen und Bauern und  Baufirmen zusätzlich anzustellen, um zusätzliche Man- und Machinepower zu kriegen. Wenn die in Skandinavien so einen bescheuertes System hätten, mit Winter und Schnee umzugehen, dann läge deren Wirtschaft und öffentliches Leben am Boden.  Ja, wir haben dieses Jahr mehr Schnee als sonst, aber wir leben im 21. Jahrhundert! Wir fliegen ins Weltall und sowas alles. Wie sind wir da nur hingekommen? Wahrscheinlich, weil die immer im Sommer starten…

Ich hab dann gestern auch mal Bestandsanalyse vor der eigenen Haustür gemacht. Hach ist das lustig, wenn man nicht zu Arbeit muss. Dann macht Schnee ja sogar Spaß! Das hab ich gar nicht gewußt. Ich such noch meinen Schlitten im Keller. Dafür dass hier kein Bus reinkam und nur die kühnsten Autofahrer überhaupt fuhren weil ja alle Straßen dicht waren, genossen die Leute den Sonnenschein nach dem Sturm und gingen spazieren bzw. stapften durch die Winterlandschaft. Nicht nur Assistenzarzt hats für die Nachwelt fotografiert. Am coolsten waren die, die mit Skiern auf den zugeschneiten Gehwegen unterwegs waren. Ich kam mir vor wie im verkehrten Film, sowas hatte ich noch nicht gesehen hier! Im Schnee bis zu den Knien, die Hunde völlig ausgelassen im Schnee tobend, die Kinder auch… und alle machten Fotos. Es hat keinen gestört, dass man nur zu Fuß weiterkam und kein Bus  und kein Auto fuhr. Naja, es war eben Sonnabend und frei.

Ich weiß nicht, wie das morgen am Montag werden soll in diesem Land. Die meisten Straßen sind nicht geräumt und andere völlig vereist vom zusammengefahrenen Schnee. Der liegt ja nun schon seit fast 48 Stunden. In dieser Zeit hat keiner, mit dem ich gemailt oder telefoniert habe, einen Räumdienst gesehen. Spannend wirds auf jeden Fall, denn wer zur Arbeit kommen will, muss das Auto nehmen, da der ÖPNV noch nicht wieder regelmäßig fährt bzw. eingestellt ist in manchen Regionen.

Tja, der DWD sagt, dass Dienstag der nächste Schneesturm kommt. Vielleicht kann man das ja den Verantwortlichen mal sagen? Nicht das wir wieder so total überrascht sind, dass im Februar noch Winter ist. Und der DWD sagt auch, dass das fast genau so ein Winter ist wie 1978/79… damals war Assistenzarzt noch ein ganz kleiner Assistenzarzt so mit Schnuller und so und hat das alles nicht mitbekommen. Ich kenne nur die Fotos. Jetzt mache ich welche und werde die wohl später mal meinen Kindern zeigen.

Übrigens haben wir derzeit mehr Schnee als Bayern!!! Gewonnen!!! Vancouver, wo ja demnächst die Olympischen Winterspiele starten hat keinen Schnee… Ich würd sagen: wir fegen alles zusammen und  spenden Vancouver unseren Schnee…





Assistenzarzt auf Reisen – Das Ozeaneum in Stralsund

4 10 2008

Da dachte ich mir: Geh mal auf Reisen, es soll ja bilden. Über Menschen, Städte, Länder… Aktuelles Ziel dieses Mal: Das Ozeaneum in Stralsund.

Für alle, die es nicht wissen: Stralsund liegt in MV, rechts oben auf der Karte, gleich vor Rügen. Muss man durch, wenn man nach Rügen will. Wahlkreis von Angela M. Stralsund hat das Meeresmuseum. Berühmt, schön, seit DDR-Zeiten existent, forschend für Meeressäuger in der Ostsee. Stralsund hat seit Juli diesen Jahres auch das Ozeaneum. Quasi das Kind vom Meeresmuseum, nur etwas größer und mit Fischen der Ostsee, Nordsee und Weltmeere in riesigen Becken. Lange Schlangen vor dem Museum, lange Gesichter bei den Besuchern, die Becken waren im Sommer noch nicht mal fertig als die Urlauber kamen.

Zurück zu Assistenzarzt. Dachte natürlich schon im Sommer: Da musst du mal hin. Aber gewartet habe ich bis es hieß, die Becken sind alle fertig, alle Fischlein eingezogen. Was folgt ist ein Testbericht, nicht validiert, subjektiv gefärbt und persönliche Ansicht der Welt.

A. rollt mit Auto nach Stralsund. Wie 100% der anderen Touris auch. Sämtliche Bundesländer sind vertreten. Keine Ahnung ob schon wieder irgendwo Ferien sind oder immer noch. Die Saison wird immer länger, Ende des Sommers ist es so voll wie im Sommer selbst. Erster Eindruck: Es gibt keine Parkplätze. Einheimische Kennzeichen waren schon lange nicht mehr gesehen worden, nur auswärtige aus aller Herren Länder. Zusammen mit DO, F, B, HH, AUR, REG and whatever kurvt A. durch die Stadt in Hafennähe. In nur einem halben Kilometer Entfernung findet sich ein Stellplatz, für den A. 4 Euronen berappt. Naja, das geht noch. Parkleitsystem gibts hier nicht. Wozu auch… Is ja viel schöner die Abgase zu haben von den suchenden Autos. Zweiter Eindruck: Man schafft mit dem Ozeaneum einen Anziehungspunkt für Gäste aus dem Ostseeraum und ganz Deutschland, aber niemand hat daran gedacht, ein Parkhaus in der Nähe zu bauen. A. fand später eins am anderen Ende der Innenstadt für das „normale“ Meeresmuseum (tropische Fische etc). Für Familien mit Kindern ist das viel zu weit weg. Eh die da sind, sind die Kinder kaputt. Es wurde  und wird soviel Werbung gemacht für das Ozeanum, man lockt bundesweit Publikum an, war in ARD und ZDF und überregionalen Nachrichten und bereitet sich nicht auf den selbst provozierten Ansturm vor. Es war doch klar, dass jede Menge Touristen kommen wird und in der Regel mit Auto. (Bahnhof ist viel zu weit weg! und Bahnanbindung ebenfalls nicht doll). Auch ein Vierteljahr nach der Eröffnung, in der Nachsaison, sind nicht ausreichend Parkplätze vorhanden. Wie soll das erst in der Saison werden? Da hat die Stadt Stralsund ziemlich gepennt und pennt immer noch.

A. machte sich auf den Weg in den Hafenbereich am Strelasund. Den Weg zu finden, war relativ einfach. A. folgte einfach den Menschenmassen, die alle in die gleiche Richtung strömten. Schon zu Hörsaalzeiten war der Herdentrieb ein verlässliches Mittel, das Ziel zu finden. Leider war der Weg von unzähligen Tretminen diverser Vierbeiner namens Fiffi, Bello oder Daisy gesäumt. Ich habe selten so viel Hunde-A-a in einer Stadt gesehen. Für Kinder kein optimales Feld. Außer man zieht ihnen Gummistiefel an.

Dann erblickte A. endlich den archtektonisch prämierten Bau im Hafenbereich. Naja, im Fernsehen sah er größer aus, A. hätte ihn fast übersehen. Nicht zu übersehen allerdings die Menschenmassen, die anstehen, um in das Ozeaneum zu gelangen. A.s erster Ausruf: „Das ist ja wie zu DDR-Zeiten vor dem alten Meeresmuseum!“ Die Menschenschlange mit mehreren Loops maß geschätzte 200 bis 300m. Der Wind vom Wasser war eisekalt. Wartebänke gabs nirgendswo. Es hatten 2 Kassen geöffnet. Kinder froren und quengelten. Das gegenüberliegende Bistro machte riesige Umsätze. Geschlagene 2 Stunden dauerte es, bis man seine 14 Euro für Erwachsene bzw. 9 Euro für Ermäßigte Menschlein auf den Tisch blättern durfte. Innen wars dann doch kleiner als im Fernsehen vermutet. Ganz nett, interessant, durchaus mal sehenswert. Trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack bei den Eintrittspreisen. Das mit der Familienplanung muss man vorher schon überdenken… Naja, wenn man andere Ozeanische Museen kennt z.B. das in Monaco ist man natürlich kritisch. Ich habe in Monaco damals weniger als 14 Euro auf den Tisch geblättert. Aber dafür waren hier auch 2 Stunden Wartezeit im Freien mit gesunder Ostseeluft (quasi Wellness) eingeschlossen, was ich in Monaco nicht hatte. Im eisigen Winter muss es an der Stelle noch mehr Spaß machen zu warten, wo der Wind ungehindert aus nördlichen Richtungen heranpfeifen kann. Mir sind zwei Varianten eingefallen, die Wartezeiten zu umgehen. Reisegruppen aus Bussen, die angemeldet sind, kommen schnell rein. Oder man setzt Oma schon mal ab zum Anstellen und beschäftigt sich mit der Parkplatzsuche. Wenn man da endlich einen gefunden hat, hat Oma zumindest schonmal die halbe Strecke geschafft. Oder aber die dritte Variante: Die Stadt Stralsund stellt mehrere 1-Euro-Jobber ein, die auf Bestellung den Platz in der Warteschlange zur vereinbarten Zeit einnehmen und man diesen dann beim eigenen Eintreffen übernehmen kann. Fazit: Aufgrund der ewigen Wartezeiten auch nach einem Vierteljahr, die sich an Wochenenden und Ferienzeiten verstärken ist das ganze nichts für Familien zumindest mit kleineren Kindern außer man flößt denen vorher was zum schlafen ein…

Hinterher – man ist ja guter und kultivierter Tourist – wagt man dann einen Ausflug in die nahegelegene Innenstadt. Hat man die Hürden der Vierbeiner erfolgreich durchwatet, ist erschöpft, durstig und hungrig, strebt man einen Bäckerladen an, so wie A. Die Verkäuferinnen sind genervt wegen des permanent anhaltenden Besucherstroms durch die UNESCO-geschützte Innenstadt. Etwa 75% der wegen des Ozeaneums angereisten Leute an diesem von A. ausgewählten Tag drehten aufgrund der Warteschlange wieder ab und gingen stattdessen ohne Ozeaneum-Besuch in die Innenstadt. Auch hier ist man dem Ansturm nicht gewachsen. Egal in welchem Laden wir waren, die Zahl der VerkäuferInnen war zu gering. In Gastronomie-Betrieben fiel das besonders auf. Letztlich waren nicht nur die Angestellten dort tierisch genervt sondern auch die hungrigen Urlauber, die sich diesen Launen ausgesetzt sahen und doch eigentlich nur Hunger hatten und Geld ausgeben wollten. Dies merkte man insbesondere an den Gesprächen in der Fußgängerzone. Beim R.-Bäcker gabs nur noch Kaffee oder schwarzen Tee als warme Getränke, auf Nachfrage dann auch noch Pfefferminztee für 1,30 Euronen die 0,15 l- Tasse. Kakao oder Milch Fehlanzeige. Wie bitteschön soll man das mit Kindern machen, die bei der Witterung mal was warmes trinken wollen? Die Uhrzeit war noch nicht einmal sehr fortgeschritten. Wenn schon der Pfefferminz-Tee als erzwungene Alternative sein musste, dann wenigstens was mit Schokolade am Gebäck. Tja, da war sie dann, die Wärme nach der man suchte: Der Teller war warm, der Schokoüberzug des Gebäcks machte sich auf den Weg vom Gebäck auf den Teller. Hmmm, also dafür gibts keinen Bäckerstern.

Rechnen wir mal kurz nach, was eine Familie mit Kind so ausgibt:

Parkticket (preiswerte Variante) Tageskarte 4,00 Euro
Eintritt für 2 Erwachsene + 1 Kind 31,00 Euro, 2 E + 2 Kinder 34 Euro, für jedes weitere Kind 3 Euro (ansonsten 1 Erwachsener 14 Euro, 1 ermäßigtes Menschlein 8 Euro)
Essen: nochmal so 3 – 4 Euro pro Person in der preiswerten Variante.
Da is man mal mit 60 Euro für ne ganze Familie locker dabei. Aber wenigstens ist die Ostseeluft beim Anstehen draußen inklusive.

 

Fazit dieser Reise zum Ozeaneum in Stralsund: Das ganze ist nur was für ausdauernde Naturen, die die happigen Eintrittspreise dank Gutmütigkeit und trotz 2 Stunden Warten in eisekaltem Wind ertragen können, weil sie sich vorher auf dem Weg von einem Parkplatz zum Ozeanum schon warmgelaufen haben. In weiser Voraussicht sollte man gleich mit einem Tages-Parkticket rechnen, sonst ist die Parkzeit schon nach der Wartezeit für den Kartenkauf am Ozeaneum vorbei…

Für Familien mit Kindern war dieser Ausflug eigentlich schon fast ein „No Go“ oder „Don’t do it“ wie es in Reiseführern so schön heißt, denn die Parkplatzsituation in der Nähe des Ozeaneums ist auch ein Vierteljahr nach Eröffnung noch saumiserabel, weite Wege sind vorprogrammiert und auf denen steigt man massenweise über Hundehaufen. Die Wartezeit und die Wartebedingungen sind unzumutbar gerade für Kinder unter 12 Jahren oder ältere Personen. Der Service mit nur 2 offenen Kassen ist ein Witz. Die Läden in der Innenstadt sind wegen des (immer noch überraschenden???!) Zustroms von verhinderten Ozeanum-Besuchern überlastet und die Gastronomiebetriebe servicemäßig überfordert bzw. nicht entsprechend eingerichtet. Peinlich für eine der großen Bäcker-Ketten, wenn nicht mal warme Getränke im Angebot sind, die für Kinder geeignet sind. Es gibt bessere Alternativen für Urlaubsausflüge mit Kindern in MV, die wesentlich preiswerter sind.

Doch auch etwas positives möchte ich vermelden. Ich schlage das Ozeaneum als Marco-Polo-Geheimtipp vor für Urlauber aus westdeutschen Landen, die einmal wissen wollen wie das war zu DDR-Zeiten mit dem Schlange stehen nach allem und jedem und z.B. um ins (damals gabs ja nur das) Meeresmuseum zu kommen. So am Ende der 200m-Menschenreihe kommen echt wieder Erinnerungen auf, die man längst vergessen glaubte und man fühlt sich gleich wieder wie zuhause in der DDR.

Kleiner Gruß an die Stadt Stralsund und das Meeresmuseum: Schön, dass ihr jetzt auch ein Ozeaneum und die Rügenbrücke habt. Leider seid ihr extrem kinderunfreundlich noch bevor man die Räume des Ozeaneums betritt und leider habt ihr viel verpasst, was parallel zum Bau dieser Attraktion hätte gemacht werden müssen. Vielleicht bekommt ihr das ja bis zur nächsten Saison hin, ansonsten werden viele Leute trotz Ozeaneum einen Bogen um Stralsund machen.