Dr. House und sein Vicodin

7 11 2007

Nachdem wir als House-Fans jetzt in der 3. Staffel miterleben müssen, wie House immer mehr Probleme mit seiner Abhängigkeit von einem verschreibungspflichtigen Morphinpräparat bekommt, stellt sich die Frage: Was schluckt er da eigentlich in Übermengen?

Ich habe bei Wikipedia nachgesehen. Vicodin heißt das Präparat in den USA und erfreut sich in letzter Zeit einer steigenden Nachfrage. Nun ja, mit der Serie in Zusammenhang gebracht, lässt sich schlussfolgern, dass es von Patienten verstärkt nachgefragt wird, weil eine Figur / prominente Person es öffentlich konsumiert. Letztlich entscheiden aber die verschreibenden Ärzte darüber, ob jemand es bekommt. Aber es ist wie mit der Cola: Coca Cola, Pepsi oder Vita Cola – der Möglichkeiten der Namen und Anbieter für ein Ding gibts viele.

Vicodin ist ein Mix aus Hydrocodon, einem Morphinderivat mit der 1,5fachen Wirkstärke von Morphin (also schon ganz ordentlich), und Paracetamol, einem relativ „einfachen“ Schmerzmittel. Das Interessante an dieser Kombi ist, dass das Hydrocodon abhängig machen kann, da es nicht retardiert ist, eigentlich ein Anti-Husten-Mittel ist (so wie Codein) und dass das Paracetamol in den Mengen, wie es House schluckt, wahrscheinlich dazu führt, dass er irgendwann Schäden an Nieren und Leber haben wird.

In Deutschland ist Hydrocodon als Dicodid auf dem Markt mit der Indikation bei stärkstem Husten, der zu schweren Komplikationen führen kann. Manche setzen es bei Bronchoskopien ein.

Paracetamol wird zur Therapie bei leichten und mittelstarken Schmerzen eingesetzt. Häufig wird es unter anderem von Suizidalen Personen eingenommen, weil es in größeren Mengen (ab 6g bei Erwachsenen) relativ schnell irreparable Leberschäden in Form von Nekrosen (Zelluntergängen) verursacht und so zum Tod führt. Innerhalb von 2 Tagen treten die Leberschäden zutage, erreichen ihr Maximum nach 4 – 6 Tagen. Es kann aufgrund des Zelluntergangs zum kompletten Leberversagen mit Koma und irreparabler  Hirnschädigung kommen. In der Niere führt Paracetamol ebenfalls zu Gewebsschäden und sorgt für Nekrosen an den Tubuli. Was folgt ist ein akutes medikamentös-toxisches Nierenversagen. Es gibt ein Antidot: N-Acetylcystein. Man kann auch einen Versuch mit Dialyse machen. Man geht in nicht-offiziellen Fachkreisen davon aus, dass viele chronische Nierenschäden, die zur Dialyse führen, auch durch z.B. langfristige oder häufige Einnahme von Paracetamol entstehen können, nicht nur durch die klassischen NSAR wie Diclofenac etc.

Tja, und nun ist House auf Entzug. Das Paracetamol wird ihm nicht fehlen. Wohl aber das Hydrocodon. Man kann es schauspielerisch kaum besser darstellen. Und als er sich dann auf nicht-legalem Wege eine Packung Oxycodon besorgt und sich damit high gefuttert. In Deutschland ist Oxycodon in Tablettenform als Retardpräparat auf dem Markt. In den USA ist laut Wikipedia der Hersteller verklagt worden, weil er nicht darauf hinwies, dass man die Tabletten nicht zerkleinern und dann einnehmen darf, weil das tödlich sein kann. Wie das geht? Retardpräparate sind besonders verkapselte Medikamente, die den Wirkstoff langsam und gleichmäßig über Stunden freisetzen. Zerstört man die Kapsel, hat man den Wirkstoff pur. Und die z.B. 40 mg driften nicht langsam über Stunden in den Körper und nehmen Schmerzen ohne die Fahrtauglichkeit über die Maßen einzuschränken, sondern hämmern mit brachialer Gewalt in die Rezeptoren und fluten in Kürze an, geben einem zunächst ein gutes Gefühl, man ist high, die Schmerzen sind weg (wenn man denn welche hatte…) und können bei zuviel Hammer dazu führen, dass das Atemzentrum gelähmt wird. Ok, wer soweit weg ist, der kriegt das dann auch nicht mehr mit. Aber wer noch etwas unter den Lebenden weilen will, dem sei eben angeraten Retard auch Retard sein zu lassen und bei Nicht-Schlucken-Können auf Pflaster (transdermales therapeutisches System) umzusteigen anstatt zu zermörsen. Da hilft dann im Ernstfall nur das Antidot Naloxon.

House will aber den Hammer, high sein. Und wenn man das will, dann will man auf keinen Fall das Abfluten merken. Das macht nämlich mürrisch, launisch, depressiv. Und irgendwann, wenn man nicht mehr ohne kann, weil der Körper sich dran gewöhnt hat und ES braucht, dann kommt man in den Entzug und pfeift auf Unterschriften, auch wenn man der genialste Arzt jenseits des Atlantiks ist. So wie sich die Geschichte entwickelt wird aus dem ernsten Problem mit dem Polizisten Tritter ein noch ernsteres, denn er hasst House und er hasst Junkies.  Und House ist wieder mal zu Stolz, zu egozentrisch, zu überheblich, um den diplomatischen Weg zu wählen, sich einzugestehen, dass auch er mal was tun muss und nicht immer nur die anderen. Wie mag es wohl weitergehen? Trotz allem, was diese Figur zeigt, sie ist immer noch sympathisch. Wie die Autoren das hinkriegen, weiß ich nicht, aber gerade deshalb ist jede Folge ein Highlight.