Ein Update – Berufliche Alternativen für Ärzte, die keine Ärzte mehr sein wollen oder Medizinstudenten, die keine Ärzte mehr werden wollen

13 10 2008

Ich musste soeben feststellen, dass es Zeit wird für ein Update zu meinem Beitrag über berufliche Alternativen für Ärzte und Medizinstudenten (die die Nase voll haben) vom Januar diesen Jahres.

Das Portal von GMX, das mich regelmäßig zu emotional induzierten Zwerchfellkontraktionen mit gleichzeitiger Tränenausschüttung veranlasst (man könnte auch sagen: Lachen), zeigte mir heute weitere Perspektiven auf für Leute, die die Klinik satt haben oder feststellen mussten, dass sie doch lieber kein Arzt sein wollen.

Besonders gut geeignet für Leute mit anatomischen, endokrinologischen, gynäkologischen, urologischen und psychologischen Vorkenntnissen:

Nippel-Zwicker  –  z.B. bei Jennifer L., männliche Assistenten wohl bevorzugt

Busenassistent/in – z.B. bei Mariah C.

Wimpern-Ankleber/in – z.B. bei Paula A.

Hoden-Masseur/in – z.B. bei Sylvester S., man könnte auch sagen Klöten-Kneter, aber ich bin ja anständig, deswegen sage ich das nicht. Der kleine Sylvester stand erst auf, wenn Herr S. ihn durch eine dritte Partei entsprechend stimulieren ließ, so heißt es bei GMX. Wie mag das wohl abgelaufen sein, wenn Herr S. durch die Clubs und Bars von Malibu gezogen war und ein williges Flittchen Groupie abgeschleppt von seiner tiefsten innigen Liebe überzeugt hatte? Äh, Süße, warte mal, ich muss mal eben meine Hoden-Masseurin holen, sonst wird das heute kein harter Abend, weil du allein… das reicht nicht…

ohne größere Vorkenntnisse könnten wohl diese Tätigkeiten ausgeübt werden:

Unterhosen-Anwärmer – z.B. bei Sylvester S. (Cave: zu hohe Temperaturen in den Hoden senkt die Fertilität). Ich darf zitieren „Ein wenig erinnert das Arrangement an ein Frühstück und die wärmende Schutzkappe über dem Frühstücksei.“ Ich werde jetzt nie wieder Eier essen können ohne einen Gedanken an etwas behaartes mit einem Maschinengewehr in der Hand.

Badeanzug-Anprobiererin – z.B. bei Jessica S.

Dann doch lieber Arzt bleiben / werden?





Das Ding mit den Fortbildungen

20 09 2008

Heute mal wieder auf einer Fortbildung gewesen. Ab und an braucht man mal eine Horizonterweiterung. Dabei bin ich zu den bahnbrechenden Erkenntnissen gelangt:

Manche Referenten können einfach gute Vorträge machen. Sie sind so selten wie freilebende indische Waldelefanten.

Andere Referenten werden es nie, niemals lernen ihre Vorträge so zu gestalten, dass man auch noch in der hintersten Reihe lesen kann, was auf der Powerpoint-Folie steht und es auch nie begreifen, dass man nicht 2 Buchseiten auf eine Powerpoint-Folie quetschen kann und dabei noch den Anspruch haben, dass irgendjemand aufnimmt, was da drauf steht.

Dummerweise sind es auch noch die gleichen Referenten, die entweder total schnell oder extrem einschläfernd reden.

Einige wenige Referentinnen schreien in einer Tonhöhe in das Mikrofon, dass man sich nach 20 min Vortrag wünscht, es gäbe ein Mittelchen um die Schrammen im Trommelfell wieder zu glätten und die Haarzellen im Innenohr zu reparieren.

Veranstaltungen, bei denen der Imbiss bzw. das Mittagessen inklusive sind, sind in der Regel besser besucht.

Niemand braucht Angst zu haben, dass sich Ärzte durch dieses – auf kostenfreien Veranstaltungen größtenteils von Pharmafirmen gesponsorte –  Essen in irgendeiner Form bestechen lassen, weil es eigentlich in 95% der Fälle aus trockenen alten Keksen besteht, meist der Marke Ba…. („Frühstücksimbiss“ oder „Kaffeepause“) oder aus miniwinzigen belegten Brötchen wo die Wurstscheiben sich aufrollen und eine eklige Meerrettichpaste draufgeschmiert wird, um den Bedarf an belegten Brötchen von vornherein zu senken. Da kann man in einem 4 oder 5 Sterne Hotel sein mit belobigter Küche – egal, man wird auf so einer kostenfreien Veranstaltung mit pharmagesponsortem Essen trotzdem was billigeres und qualitativ schlechteres kriegen als beim Bäckerstand gegenüber. Sowas passiert mir selten bei Veranstaltungen, wo man Gebühren zahlen muss, aus denen dann das Essen mitfinanziert wird (da sind dann die Pharmas in der Regel keine Sponsoren des Essens). Ergo: Es gibt keinerlei Versuchung, sich durch alte Kekse oder Käsebrötchen mit Aufrollrand bestechen zu lassen…

Chaotische Verhältnisse bei der Anmeldung sind kein gutes Aushängeschild. Man kann auch 4 oder 5 Blätter der Anmeldungslisten der Ärztekammer nebeneinander auslegen und anschließend der Kammer schicken statt nur ein einziges, was natürlich den Beginn der Veranstaltung um 15 min verschieben wird.

Auf Fortbildungen sieht man in den Pausen die klassische Cliquenbildung wie auf dem Schulhof. Da wird wenig Kontakt zu neuen Menschen geschlossen. Nix mit Wissenstransfer und kollegialem Austausch.

Seitdem es eine Pflicht gibt, das Fortbildungszertifikat zu erlangen, sind die meisten Veranstaltungen die früher kostenlos waren, kostenpflichtig geworden. Damit haben die Ärztekammern quasi eine Lizenz zum Gelddrucken für die Veranstalter geschaffen… Qualität sichert das noch lange nicht. Evaluierung der Veranstaltungen findet nur in wenigen Einzelfällen statt. Naja, weil unser Kammerbeitrag ja noch nicht genug verbraten wird, könnte man da eine neue Stelle „Qualitätssicherung Fortbildung“ in der Ärztekammer oder der KV schaffen oder am besten bei beiden, damit wieder einige Stühle gesichert sind.





Kranke Ärzte durch kranke Arbeitszeiten

3 04 2008

Hier mal ein Beitrag des Portals Via medici online zu kranken Ärzten durch kranke Arbeitszeiten. Es hat ein Symposium in BaWü gegeben zum Thema.

http://www.thieme.de/viamedici/medizin/aerztliches_handeln/gesundheitsschutz.html?newsid=030-03042008

Prädikat: Unbedingt lesenswert.
Mecker-Blogger-Count: Beitrag Nr. 372993250720549454 der jammernden Ärztefraktion 😉





Masern – Ein paar Fakten

3 04 2008

Das Thema Masern ist im Moment wieder mal hochaktuell. Deshalb an dieser Stelle mal ein paar sachliche Fakten, quasi eine nicht-CME-zertifizierte Online-Fortbildung.

Das einzige Reservoir für das Masernvirus ist der Mensch. Das heißt, sie werden nur von Menschen auf Menschen übertragen, Pfiffi, Miezi oder Goldi kommen dafür nicht in Frage.

Wenn Masern-Erkrankungen auftreten, wird in der Regel geschaut, zu welchem Genotyp das Virus gehört. Auf diese Weise ist es möglich zwischen Wildvirus und Impfvirus zu unterscheiden. Seit 2000 sind fast alle Masernviren in Deutschland dem Genotyp D7 zuzuordnen, zuvor waren es C2 und D6.

Masern werden über Tröpfcheninfektion übertragen. In der Luft befindliche Mikrotröpfchen, die masernvirushaltiges Atemwegssekret enthalten, haben lange Zeit ansteckungsfähige Viren in sich. Masernviren sind hochansteckend. 98% der ungeimpften mit Kontakt zu Masernerkrankten werden vom Virus befallen. Das heißt, wenn 100 ungeimpfte Kinder in einem Kindergarten sind und ein Kind mit Masern wird von Masern-Mutti trotz Erkrankung hingebracht und hustet ein paar Mal dort, dann werden 98 der ungeimpften Kinder in diesem Kindergarten krank. Auch ohne Masernparty. Ja, das kann einem ein gewisses Gefühl von Macht verleihen, oder? Die Masernviren werden von den feinsten Aerosoltröpfchen in der Luft über die Schleimhäute beim Atmen aufgenommen (also Mund, Rachen, Bronchialwege) und auch über die Bindehäute der Augen.

In Ländern mit hohen Durchimpfungsraten wie USA und Skandinavien gibt es keine einheimischen Masern mehr, nur noch importierte Erkrankungen, z.B. aus Bayern oder sonstwo in Deutschland. Deswegen wird amerikanischen Touristen unbedingt dazu geraten sich und ihre Kinder mit einem kompletten Impfschutz zu versehen, bevor sie in unsere verseuchten Breiten einreisen. Besonders hoch ist die Masernrate in BAY, BW, NRW mit 30 Fällen / 100000 Einwohner, in den neuen BL dagegen nur 1 Fall / 100000 Einwohner. Die WHO möchte die Masern auch in Europa gerne bis 2010 ausgerottet haben, was aber die ungeimpften Masernkinder bzw. die in der Regel noch selbst geimpften Masern-Muttis wohl verhindern werden. Früher waren die Masern vorwiegend bei Kleinkindern aufgetreten, heute eher im Schulkindalter und bei Jugendlichen. Letzteres hat negative Konsequenzen für die Todesrate.

Das Masernvirus steht auf Zellen des Nervensystems und des Lymphsystems. Diese fällt es nach Eindringen in den Körper zuerst an. Nach dem Eindringen in den Körper über die Schleimhäute der Atemwege und der Augen, also der Infektion, folgt die Inkubationszeit von 8 – 10 Tagen. Inkubationszeit = Träger des Virus ohne Krankheitszeichen. Dann beginnt das katarrhalische Stadium. Heißt, es geht los wie bei einer Erkältung, nur schärfer. Plötzliches hohes Fieber (Minimum 38,5°C), gerne auch mit Fieberkrämpfen und Bindehautentzündung. Die Kinder schreien vor Schmerzen, weil sie extrem lichtempfindlich sind durch die Bindehautentzündung. Dabei dann natürlich auch Husten, trockener Husten, Heiserkeit, Entzündung der Luftröhre und Bronchialwege (Tracheobronchitis). Bei vielen Kindern finden sich innen an der Wangenschleimhäut weißliche Flecken in dieser Phase. Das Fieber geht dann nach 1-2 Tagen erstmal runter. Achtung: In dieser Phase sind die Kinder bereits ansteckend. Masern-Mutti geht dann mit Junior vielleicht noch in den Supermarkt oder bringt ihn noch in den Kindergarten mit ein paar Fieberzäpfchen zuvor. Dieses katarrhalische Stadium dauert 3-4 Tage. Am 3. bis 4. Tag schießt das Fieber wieder hoch und beginnt das Exanthem, also der Hautausschlag. In der Regel fängt das ganze retroaurikulär an = hinter den Ohren und breitet sich nach unten über den ganzen Körper aus. Auch in dieser Phase kommt es häufig zu Fieberkrämpfen. Die Kinder mögen nicht essen, kaum trinken, haben hohes Fieber, quälenden Husten.  Das Exanthem breitet sich nun aus in den nächsten Tagen. Das Kind hat immer noch hohes Fieber. Wenn es die unteren Extremitäten erreicht hat, dann sinkt auch das Fieber nach etwa 3-4 weiteren Tagen. Einige Stellen dieses Exanthems, also Hautausschlags, können auch unterbluten. Das kommt durch eine Störung der kleinsten Gefäße zustande. Etwa 1 von 1000 erkrankten Schulkinder bzw. Jugendlichen stirbt, meist infolge einer Hirnentzündung oder Lungenentzündung.

Bei Kindern, die eine angeborene Störung des Abwehrsystems haben, wie zB. Defekte im T-Zell-System oder die Immunsuppressiva nehmen, z.B. nach Transplantationen oder bei Autoimmunerkrankungen kann der Verlauf auch mal völlig untypisch sein.  Diese Kinder kriegen sehr häufig Lungenentzündungen und eine Enzephalitis (also Hirnentzündung). Daran können sie auch sterben.

Wenn Schwangere erkranken, sprich wenn die Kinder der Impfgegner selbst Kinder bekommen, dann besteht die Gefahr von Fehl- und Frühgeburten. Die Schwangeren bekommen auch sehr häufig Lungenentzündungen.

Eine Masernerkrankung führt fast immer zu einer vorübergehenden Abwehrschwäche von mindestens 6 Wochen. Das Immunsystem des Kindes ist also für mindestens 6 Wochen platt, egal ob nun Homöopathische Wässerchen oder nicht. Das beruht darauf, weil das Virus wie oben schon gesagt, scharf auf Zellen des Lymphsystems ist und sie schädigt. Kann man vielleicht vergleichen mit Leuten, die Immunsuppressiva nehmen müssen, Krebs oder HIV haben, denn die haben allesamt eine Abwehrschwäche. Die Kinder kriegen in der Folge häufig Erkrankungen durch Bakterien, weil der Körper durch das Maserngeschädigte Immunsystem nicht in der Lage ist, sich dagegen zu wehren. Dazu zählen Mittelohrentzündungen, Durchfallerkrankungen, Laryngotracheobronchitis (=Masern-Krupp), Lungenentzündungen (weil das Masernvirus zuvor die Zellen der Atemwegsschleimhaut geschädigt hat), … Bei einem Teil der Kinder hält diese Abwehrschwäche auch für längere Zeit an. Naja, bleibt Masern-Mutti halt mal länger zuhause und riskiert nebenbei ihren Job. Achso, naja, dass Junior so oft krank ist… Masern-Mutti pflegt ihn schon. Das festigt die Mutter-Kind-Beziehung.

Weitere Komplikationen gefällig?

Bei etwa 10% der Kinder (= eins von zehn erkrankten Kindern) treten Fieberkrämpfe auf. Die müssen dann nicht unbedingt mehr auf die Masernerkrankung beschränkt bleiben. 50% der Kinder mit einem komplikationslosen Verlauf haben anschließend EEG-Veränderungen, soll heißen dass sie potentiell gefährdet sind, Krampfanfälle zu bekommen. Dazu kann z.B. das nächste Fieber führen oder Stress etc. Bei den meisten gehen die EEG-Veränderungen wieder weg, bei einigen nicht. Die werden dann halt auch mal Epileptiker. Übrigens führt jeder Epileptische Anfall zu einer passageren Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und kann damit zum Zelltod einiger Hirnzellen führen. Je häufiger die Anfälle, desto schlechter fürs Gehirn.

Bei 1 von 500 Schulkindern / Jugendlichen Erkrankten kommt es zu einer Enzephalitis, also Gehirnentzündung. Masern-Mutti kann also schon mal mit dem Abzählen beginnen. Bei Kleinkindern liegt die Rate etwas niedriger mit 1 / 10000. Die Erkrankten haben dann nach Abklingen der Akutsymptomatik der Masernerkrankung wieder Fieber, bekommen Übelkeit und Erbrechen, weiterhin eine Nackensteife, sind benommen, stehen neben sich und kriegen Krampfanfälle. Eines von 5 Kindern und Jugendlichen, die eine Masernenzephalitis bekommen, stirbt daran. Kapiert? Von 2500 masernerkrankten  Schulkindern oder Jugendlichen wird einer an einer Enzephalitis sterben. Die anderen haben in der Regel psychische Veränderungen, was aber nicht gleichzusetzen ist mit dem Erwerb einer inneren Reifung durch die Erkrankung. Es handelt sich dabei um Persönlichkeitsveränderungen, Lernschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten und kann bis zu einer geistigen Retardierung mit lebenslanger Betreuungsbedürftigkeit führen. Ein Teil der Kinder behält auch Lähmungen zurück. Ok, sie können dann immer noch in einer Behindertenwerkstatt arbeiten und sich einen schicken Rollstuhl aussuchen.

Außerdem gibt es da noch die subakute sklerosierende Panenzephalitis, die bei 1 von 500000 Erkrankten auftritt. Ok, jetzt mögen viele sagen, die Chance ist nicht so sonderlich hoch. Zum Glück kann ich da nur antworten, denn diese Spätkomplikation führt definitiv zum Tod. Diese Spätkomplikation tritt etwa 2 bis 8 Jahre nach der Masernerkrankung auf, insbesondere bei denen, die die Erkrankung im frühen Kindesalter durchgemacht haben. Es beginnt mit Verhaltensauffälligkeiten, führt über Muskelstörungen und Krampfanfälle letztlich zur Dezerebrationsstarre = Koma oder Wachkoma, Apalliker, wie auch immer man dazu sagen mag. Die Erkrankung führt wie gesagt immer zum Tod.

Tja, was kann man machen als Arzt? Wenig. Symptomatisch nennen wir das. Heißt, im Notfall kommen die Kinder ins Krankenhaus oder gar auf die Intensivstation zur Überwachung. Bei bakteriellen Infektionen werden Antibiotika gegeben. Man hat bereits versucht bei Kindern mit einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (also T-Zell-Defekte, Autoimmunerkrankungen, Transplantationen, Krebs etc.) Ribavirin zu geben, aber darüber gibt es keine Studien und ein Beweis für die Wirksamkeit gibt es bisher noch nicht.

Ansteckungsfähig sind Masernerkrankte 4 Tage vor bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems, also des Hautausschlags.

Bei Kindern mit Immunschwäche, bei denen aus verschiedenen medizinischen Gründen keine Impfung erfolgen konnte, muss bei Kontakt zu Masern-Muttis Liebling innerhalb der ersten drei Tage nach Kontakt geimpft werden. Zusätzlich erhalten diese Kinder Immunglobuline. Dieses Verfahren ist durchaus mit Komplikationen wie allergischen Reaktionen verknüpft und wird nur im Notfall gemacht. Aber es ist eben selbst den vorsorglichsten Eltern nicht immer möglich, ihr Kind vor einem Masern-Spreader zu schützen. Bliebe das Auswandern nach Skandinavien oder USA mit besseren Impfraten…

Eltern der masernkranken Kinder haben nicht nur das Recht auf Selbstbestimmung bezüglich der Impfung. Sie haben auch die Pflicht, ihre Kinder dann zuhause zu isolieren, damit keine anderen angesteckt werden – z.B. Kinder unter 15 Monaten, immungeschwächte oder Kinder die medizinische Kontraindikationen für eine Lebendimpfung haben. Aus meiner Sicht ist jedes Mal, wenn ein ansteckungsfähiges Kind in die Öffentlichkeit kommt, also Bus, Bahn, Supermarkt, Kindergarten, Sparkasse etc… ein fahrlässiges Verhalten der Erziehungsberechtigten. Steckt sich ein anderes an z.B. weil Masern-Muttis Junior in den Kindergarten kommt und mit den kleinsten spielt obwohl krank, würde ich als Mutter glatt eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung erstatten. Es wäre interessant zu wissen, was dabei rauskommt, denn letztlich kriegen die Eltern der Erkrankten Auflagen vom Gesundheitsamt. Eine Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen ist erst ab dem 5 Tag nach dem Exanthem wieder möglich, bei Kontaktpersonen frühestens nach 14 Tagen. Heißt, dass alle anderen Kinder aus der Kindergartengruppe 14 Tage nicht in die Einrichtung dürfen sofern sie nicht geimpft sind. Da wird sich Masern-Muttis oder Masern-Papis Arbeitgeber aber freuen.

Jeder Arzt, der nur den Verdacht auf eine Masernerkrankung hat, ist verpflichtet dies dem Gesundheitsamt zu melden.

Fassen wir also zusammen: Von 1000 an Masern erkrankten Schulkindern und Jugendlichen stirbt 1 Kind, in der Regel an einer Enzephalitis oder Lungenentzündung. Von 500 Masernkranken Schulkindern und Jugendlichen kriegt 1 eine Enzephalitis. Eines von 5 Kindern mit einer Enzephalitis stirbt. Sofern die Kinder die Enzephalitis überleben, haben sie in der Regel psychiatrische oder neurologische Störungen zurückbehalten. Die Hälfte aller Kinder mit einem „Normalverlauf“ der Masern, haben Veränderungen im EEG, aus denen sich eine Epilepsie entwickeln kann wenn andere Risikofaktoren hinzukommen. 10% der Kinder kriegen Fieberkrämpfe, die sich nicht auf die Masernerkrankung beschränken müssen. Bei einem von 500000 Masernerkrankten beginnt nach 2 bis 8 Jahren die SSPE, die immer zum Tod führt. Für mindestens 6 Wochen haben alle Masern-Kinder eine Schwäche des Immunsystems, die zu weiteren Folgeinfektionen aller Art führt, unter Umständen auch mit schweren Folgen wie Tod durch Lungenentzündung.

Es gibt eine Impfung ab dem 10. Lebensmonat, Lebendimpfung, Kombination mit Mumps und Röteln, neuerdings auch Windpocken, die nach zweimaliger Impfung zu einem 99% igen Schutz gegen alle Erkrankungen führt. Es ist empfohlen Kinder vor Aufnahme in eine Gemeinschaftseinrichtung zu impfen, da Masern-Muttis überall sind. Impfviren sind nicht auf gesunde Kontaktpersonen übertragbar. Eine Testung auf Antikörper vorher und nachher macht nach derzeitigen Erkenntnissen keinen Sinn. 50% der Eltern, die behaupten, ihr Kind habe die Masern bereits gehabt und brauchen nicht geimpft werden, lügen oder liegen falsch mit ihrer Aussage. Eine bereits durchgemachte Erkrankung oder bereits erfolgte Impfung führt bei Impfung nicht zu Schäden, da die Impfviren durch die vorhandenen Antikörper sofort neutralisiert werden. Und: Es zählen nur DOKUMENTIERTE Impfungen.

Quelle: „Infektionskrankheiten“ von Suttorp, Mielke, Kiehl, Stück aus dem Georg-Thieme-Verlag und RKI-Homepage Seite zu Masern

Links:

Wikipedia

Robert-Koch-Institut (RKI)





Masern in Meck-Pomm

2 04 2008

Nee, jetzt hab ich doch gestern im Radio gehört, dass das Meck-Pomm-Gesundheitsamt meldet, dass wir seit Anfang des Jahres auch 6 Masern-Fälle bei Kindern hatten. Davon waren 5 nicht geimpft. Entschuldigung, aber wie doof muss man sein, um sein Kind nicht gegen Masern impfen zu lassen? Über andere Dinge kann man gerne diskutieren, aber nicht über solche Dinge wie Masern. Hallo, daran reift ein Kind nicht. Davon kriegt es Pneumonien, eine Otitis, eine Enzephalitis, wenns Pech hat eine SSPE, wird Epileptiker, geistig retardiert oder sonstwas. Und wer ist hinterher schuld? Die Ärzte, die eine Masern-Enzephalitis nicht richtig behandeln können… sorry, aber dagegen gibts bisher kein wirkliches Mittel, außer man probiert nacheinander testweise ein paar antivirale Substanzen aus deren Nebenwirkungen auch ganz ordentlich sein können. Und was ist mit den ganz kleinen Zwergen, die noch nicht geimpft werden können? Die sind diesen Masern-Spreadern schutzlos ausgeliefert. In den USA ist Deutschland ein Impf-Entwicklungsland was Masern angeht. Die Amis machen viel merkwürdige Dinge, aber in einem sind sie vernünftig: Wer dort in einen Kindergarten oder eine Schule will, der muss geimpft sein. Vor einigen Jahrzehnten waren die Leute froh, dass es eine Impfung gegen Masern gab. Meine Eltern haben beide die Masern durchgemacht und was sie davon erzählen, ist weiß gott nicht schön. Ich habe bereits mehrere Masern-Geschädigte (ACHTUNG: Geschädigte durch die Krankheit,  nicht durch die Impfung!) erlebt. Einer war so alt wie ich und lag vor mir krampfend im Bett und sabberte ansonsten auf dem Niveau eines 6 Monate alten Babys vor sich hin. Er musste eine Kopfschutzkappe tragen, weil er dazu neigte, selbigen immer irgendwo gegen zu schlagen. Bis zu seiner Maserninfektion war er ein völlig normales Kind. Das ist doch nichts, was man billigend in Kauf nimmt. Ich glaube, die jetzigen Impfgegner haben vergessen oder nie erlebt, was diese Krankheiten anrichten können. Sie sind sich der möglichen Folgen nicht bewußt. Vielleicht fehlt ihnen auch das Vertrauen in die normale Medizin und der glaube an WHO-Statistiken. Aber wenn man der Überzeugung ist, dass das eigene Kind gerne mal die Masern haben kann, dann müssen diejenigen dafür sorgen, dass es in der Zeit keinen Kontakt zu anderen Kindern – insbesondere Kindern unter 15 Monaten – hat, denn das finde ich eine grob fahrlässige Körperverletzung am anderen Kind und falls die Eltern des anderen Kindes pro-Impfung-gegen-Erkrankung sind hat auch Masern-Mutti nicht das Recht fahrlässig dafür zu sorgen, dass dieses Kind die Masern bekommt – denn damit greift sie auch in das Selbstbestimmungsrecht der Impfwilligen mit Kindern unter 15 Monaten ein. Und gerade dieses Selbstbestimmungsrecht war ihr ja wichtig um sich gegen die Impfung zu entscheiden. (zu kompliziert?) Und wenn jemand der Überzeugung ist, Masern dürfen das eigene Kind befallen, dann sollten sich diejenigen auch voll der Folgeerkrankungen bewußt sein, auch der möglichen Spätfolgen bei eigentlich unkompliziert abgelaufenden Erkrankungen. Naja, was sich daran anschließt, ist wohl dem eigenen Kind später zu erklären, warum man gegen eine Impfung mit weniger Nebenwirkungen als Komplikationen durch die Erkrankung war und warum der Sprößling halt ein paar mehr Problemchen beim Lernen hat wo doch die Enzephalititis nur 3 Wochen gedauert hat und die jahrelange Sonderförderung immer von der Steuer abgesetzt werden konnte. Es hat eben alles zwei Seiten. Man muss z.B. auch keine Blutdrucktabletten nehmen wenn man nicht will. Aber dann sollte man auch so cool sein, dass man bei der hypertensiven Herzerkrankung mit Herzinsuffizienz und erfüllten MADIT-2-Kriterien auf einen implantierbaren Defi für den Preis eines Kleinwagens verzichtet.

Guckst du auch bei Kinderdok:

http://kinderdok.myblog.de/kinderdok/art/252224852/die_schweizer_waren_s





Alt, aber gut

27 03 2008

Was sind zwei Chirurgen vor einem EKG? – Eine Doppelblindstudie.

EKG für Chirurgen:

Zacken nach oben – alles klar.

Zacken nach unten – Internisten fragen. Anschließend EKG umdrehen und zwar so, dass die Buchstaben und Zahlen in der Kopfzeile richtig rum sind.

Keine Zacken – gerade erst passiert: Anästhesisten holen.

Keine Zacken – schon länger da: Totenschein.
Ich sags ja: Alt, aber gut. 🙂





Wie erklär ichs meinen Studenten?

27 03 2008

Das Ding mit den Chirurgen und Internisten… wie erklärt man das einem Ahnungslosen, also seinen Studenten?

 … 

„Also nochmal, Chirurgen wollen Helden sein. Sie schneiden in alles rein. Pragmatiker. Diagnostik schei… egal, Hauptsache schneiden. Eben Helden sein. Wie bei Grey’s Anatomy. Internisten sind eher die Denker, sie überlegen, sie wägen ab, die defensiven Typen. Nicht die Looser. Sie sind also die richtigen Ärzte.“

„Hä? Naja, letztlich überlassen doch die Internisten den Chirurgen immer zu entscheiden, wann sie wo reinschneiden. Das traut sich doch kein Internist zu entscheiden.“

„Dafür kann ich EKGs lesen.“ *allgemeines kichern* „Es ist auch nicht die Aufgabe des Internisten zu entscheiden, wann ein Chirurg irgendwo reinschneidet. Das muss der schon alleine machen, denn er ist ja derjenige, der schneidet. Irgendwas muss er ja auch noch selbst machen.“

„Du magst keine Chirurgen, oder?“

„Doch schon. Man kann sich manchmal über sie amüsieren. Naja, und sie haben schönere Hintern als die meisten Internisten. Nur das mit dem Reden… Also es gibt Dinge, die sollte man einfach nicht tun…“





Dr. Haus‘ und seine Fälle

25 03 2008

Ab sofort können reale Dr. House-Docs richtig reale Fälle vorstellen, diskutieren oder ungelöste Fälle online beratschlagen, um auf neue Ideen zu kommen oder auch mal Beinahe-Crashs vorstellen, aus denen man lernen kann. Angeregt von diesem Blog und zahlreichen House-Fans unter Ärzten hat klinikdirekt mal was neues probiert. Ihr seid alle aufgefordert da mitzumachen – Famulanten, PJs, Docs, Retter,… Moderiert wird das ganze von einem Profi, einem echten (anonymen) Doc mit FA-Titel.

 http://www.klinikdirekt.de/blog/





Das Konsil

6 02 2008

Die offizielle Version entnehme man der Wikipedia-Enzyklopädie:

„Als Konsil (sächlich) bezeichnet man in der Medizin die patientenbezogene Beratung eines Arztes durch einen anderen ärztlichen Kollegen, meist einen Facharzt.“

Die Wahrheit ist in Wahrheit… nun ja, wie die Wahrheit nun mal ist.

Ein Konsil wird immer dann angefordert, wenn ein Arzt nicht weiter weiß. Also zum Beispiel wenn der Internist feststellt, er hat von Ohren nicht so viel Ahnung, dann holt er einen HNO-Arzt. Wenn der Gynäkologe feststellt, er hat von Dermatologie keinen Schimmer, holt er den Dermatologen. Wenn der Neurologe feststellt, er hat keine Ahnung vom Wasserlassen, holt er den Urologen.

Und wenn der Chirurg feststellt, der Patient hat irgendwas, aber man kann nicht reinschneiden, dann holt er… erstmal den Internisten… egal was es ist. Ähnlich wie der Tarzanschrei tönt es dann „Das ist nichts chirurgisches. Das ist für den Internisten.“ Wie gesagt, egal was es ist. Hauptsache, da guckt erstmal ein Arzt rauf. Also jemand, der von Medizin mal was gehört hat. Wenn Tarzan dann geschrien hat, vergisst er in der Regel, seinen Schrei auch schriftlich zu fixieren. Blätter und Kulis gabs halt im Dschungel sonst nicht. Da hat Dschungelkönig Ross noch mit einem selbstgeschnitzten Bleistift auf Packpapier gekritzelt.

Das merkwürdige an Tarzanschreien ist, dass sie häufig erst dann ertönen, wenn schon Dienstschluss war und der konsiliarisch unterwegs-seiende Oberarzt das Haus gen Heimat verlassen hat. Die Erklärung dafür ist eigentlich ganz einfach. Da die Tarzans den ganzen Tag im OP von Skalpell zu Schere schwingen, gucken in der Regel die PJler die Patienten an, oder auch mal gar keiner. Wenn dann das erste mal jemand auf Station kommt, der von Medizin was gehört hat, nämlich der Anästhesist, dann fällt dem beim Prämed (= prämedizieren) auf, dass der Patient pfeift wie eine Dampflok, dicke Beine hat wie ein Nilpferd oder eine nicht existente Gerinnung hat. Logische Konsequenz: runter vom OP-Plan. Nächste logische Konsequenz: Da jemand weg ist, der von Medizin was versteht, muss ein anderer her, der das kann. Es folgt der Tarzanschrei. Also kommen tausende internistische Assistenten während eines Dienstes in den Genuss, chirurgische Patienten zu anamnestizieren und zu untersuchen, neben sich einen extrem verwunderten Chirurgen stehend, der staunt, was man so alles machen kann, wenn man zum Äußersten schreitet und Patientenkontakt sucht. Das mit dem Chirurgen der daneben steht, ist eher eine Seltenheit. Meistens steht der Chirurg im OP neben sich. Der internistische Assistenzarzt stellt dann eine Verdachtsdiagnose und fängt an, den Patienten zu behandeln und Diagnostik anzuordnen oder er sagt dem Chirurgen per Telefon (denn der steht ja meist im OP), welchen anderen Konsiliarius er denn bestellen soll. Das alles hält er in umfangreichen Aufzeichnungen auf einem DIN-a4 großen Stück Papier fest: Dem Konsilschein. Dieser wird dann des Nachts auf einen Schrein im chirurgischen Schwesternzimmer gelegt und die Gebote von den chirurgischen Schwestern umgesetzt. Kommt Tarzan dann zurück in den Dschungel, dann hat Jane schon alles erledigt.

Wer dann am nächsten Morgen heimlich einen chirurgischen Morgenkreis belauscht, wird feststellen, dass Tarzan heldenhaft die Lianen geschwungen hat und den Diagnoseschatz gefunden hat. Vom internistischen Dorftrottel ist dann nicht mehr die Rede.

Anders rum gehts auch. Tarzan kommt ins Dorf der Internisten. Dort fragen die Chirurgen erstmal „Wer hat denn den Konsilschein ausgefüllt?“ Ich suche immer noch nach der Antwort, warum das denn relevant ist. Wenn sie dann beim Patienten waren, gibt es zwei Varianten. Variante 1 „Das ist nichts chirurgisches.“. Variante 2 „Das muss ich erstmal mit dem Oberarzt besprechen. Ich melde mich.“ „Wann?“ „Sie werden von mir hören.“ In der Regel schreiben sie auch einen Text auf. Dieser wird von den internistischen Schwestern nicht auf einen Schrein gelegt sondern in die Ablage. Kommt der Internist vorbei, wird erstmal gemeinsam versucht, die Hiroglyphen zu entziffern. Manchmal kommen da auch Übersetzer aus Ägypten oder Archäologen zum Einsatz. Bei Variante 2 obliegt es einem internistischen Assistenten in den nächsten Tagen, dem Pilgerweg zu folgen, um an den heiligen Ort der Chirurgen zu gelangen und den zu finden, der die Botschaft verkündet. Andere Fachrichtungen sind da anders. Konsil durchführen, aufschreiben, drei nette Worte sagen und Tschüss. Einfach, pragmatisch, effizient.

Aber es gibt auch nette Chirurgen. Wirklich. Ich kenne sogar einige davon. Die sind nicht wie Tarzan. Naja, nur manchmal. Aber die haben tatsächlich schonmal was von Medizin gehört, erkennen ein Lungenödem und wissen wie man ein EKG richtig rum hält. Aber ich glaube, ich habe einfach nur Glück, dass ich nette Chirurgen kenne. Und manchmal freue ich mich sogar, wenn man mit diesen netten ein wenig herumschäkern kann im Dienst, auch wenn der Tarzan in jedem von ihnen steckt.





Und sie fielen wie die Heuschrecken ein

7 01 2008

Es war einer dieser Tage, da wusste sie: es hat sich was geändert. Früher, vor wenigen Jahren, als sie anfing, ja, da hatten die Menschen noch Respekt vor dem Sklaven in weiß. Heute fallen sie ein wie die Heuschrecken, fressen dir die letzte Energie aus dem Körper und drohen in allen Variationen. Es werden immer mehr. Wenn sie zurückblickt, dann hatte sie zu Beginn ihrer Laufbahn die Hälfte der Patienten im Dienst. Heute kommen Schwärme. Jedes vorbeifahrende Auto, Bus, Bahn scheint neue Ströme in Gang zu setzen. Und es hört nicht auf. Früher, da gab es Stunden in der Nacht, wo niemand kam. Das letzte Mal, dass sie sowas erlebt hat, ist Monate her.

Und sie stellte noch etwas fest: Entweder sie sind richtig krank, also wirklich richtig krank oder sie kommen mit Banalitäten oder haben eine kleine Meise. Das Problem ist nur, wenn sie sich um die Banalitäten und kleinen Meisen kümmert, die sehr zu Theatralität und Lauthalserei neigen, dann hat sie keine Zeit für die wirklich wirklich kranken Menschen. Deswegen hat sie sich angewöhnt, konsequent nach dem ersten Blick in wirklich-wirklich-krank-Patient, da-könnte-was-im-Busch-sein-Patient, Krakeler-weil-keine-ahnung-warum-Patient und armer-Mensch-mit-kleiner-Meise-Patient einzuteilen. Das hilft. Meistens jedenfalls.

Die Rekordwartezeiten im Wartezimmer möchte sie lieber nicht nennen. Die Wartezeiten durch Röntgenabteilung, Labor oder mangelnde Arztkapazität auch nicht. Aber in England hätte sie letzte Woche Ärger bekommen, weil sie es in den dort vorgegebenen 6 Stunden nicht geschafft hätte. Sie träumt von einem oder besser zwei Allgemeinmedizinern. Die könnten sich um Krakeler-weil-keine-Ahnung-warum-Patienten oder armer-Mensch-mit-kleiner-Meise-Patienten kümmern und die wären glücklich. Der KV-Dienst ist viel zu weit weg.

Eine Kehlkopfentzündung gehört nicht in die Innere, schon gar nicht stationär, erst recht nicht auf ITS, sondern in die HNO. Sie wundert sich, wieso die Leute so garstig sind, wenn sie es ihnen erklärt, bevor diejenigen die 10 Euro bezahlen müssen. Wieso kann so jemand nicht verstehen, dass ein Internist keinen Kehlkopfspiegel hat?

Antibiotika werden verordnet, weil jemand krank ist, vereiterte Kieferknochen hat. Warum kommt jemand, der am Tag zuvor im höchstspezialisierten Zentrum in 100 km Umkreis war, am nächsten Tag in ihr Krankenhaus, weil ihm das 3. Antibiotikum, was er am Vortag erhalten hat, auch wieder nicht gefällt? Wieso kann so jemand nicht verstehen, dass ein Feld-Wald-Wiesen-Internist-Assistent keine Ahnung von eitrigen Zähnen und Kieferknochen hat? „Ich vertrag das nicht.“ Wenn sie nachfragt, warum nicht, was  derjenige denn an Symptomen bemerkt habe, kriegt sie -auf dumme Fragen gibts dumme Antworten – „ja weil ich das nicht vertrage“ zurück. Reden will man nicht mit ihr. Da sie es essentiell findet, in derartigen Fällen Informationen zwischen Arzt und potientiellem Patient auszutauschen, kann sie kein Arzt-Patienten-Verhältnis aufbauen und verweist konsequent an den richtigen – den Spezialisten. Solche Leute wollen eine Behandlung mit Goldbordüre und Handkuss, wieso gehen die dann zu jemandem, der von tuten und blasen keine Ahnung hat – also zu einem Feld-Wald-Wiesen-Internist-Assistent wie ihr? Wieso sind die nicht dankbar, wenn sie ihnen sagt, sowas gehört zu einem Spezialisten, nur da werden sie richtig behandelt? Schlechte Ärzte sind diejenigen, die ihre Grenzen nicht kennen.

Erklär mich mal jemand für Dumme, wieso grad an den Abenden zwischen Freitag und Sonntag überdurchschnittlich häufig junge Leute kommen. Studenten aller Fachrichtungen. Mit Hausarzt-Krankheiten wie Husten, Schnupfen, Halsweh. Abends um zehn. Nichtmal diejenigen wie sonst, klassischerweise Cindy mit gerade-noch-am-Schulabschluss-vorbeigerettet und mit 2 kleinen Kinderchens von 3 verschiedenen Männern, die wegen Brennen beim Wasserlassen mal eben so viel gekifft hat, dass es sie von den Beinen geholt hat.

 Ja, sie erinnerte sich an einen der kürzlich geschafften Dienste. Da rief so ein Typ an und wollte unbedingt einen Arzt sprechen. Er wollte Auskunft über seine Schwester andernfalls zeigt er die Schwester und das Krankenhaus an. Drohungen über Drohungen. Sie blieb cool. Kommt uns jemand so komisch, therapieren wir mit Dienst nach Vorschrift. Cool bleiben, liebe Schwestää, das schaffen wir schon. Ääääärsmal ne Undäschrift vonne Patientin, wer denn da wat wissen darf. Und am Telefon sowieso erstmal gleich gar nicht mit irgendwelchen Auskünften- steht so im Gesetz und Schweigepflicht. Hohoho, da gings voll ab, die Patientin hatte ihren Bruder seit Jahren nicht gesehen, ja er galt quasi als verschollen. Und wundert sich jetzt woher er denn weiß, dass sie im Krankenhaus liegt. Dann rief der Typ nochmal an. Lieblings-Schwestä jetzt cool ging hin mit mobilem Telefon und oh Wunder, der wollt gar nicht persönlich mit seine Schwester reden. Wat secht man dor tau? Nix. Als er die Patientin im Hintergrund hörte, wurde er erst böse, dann folgte die Beichte. Das Hallo sucht seines gleichen. War er dann doch ein Nachbar, der im Saufgelage mit den missratenen Nachfahren der Patientin meinte, mal so „einen Scherz mit der Schwester und dem Arzt“ machen zu müssen. Ja, solche Kinder und deren Nachbarn braucht, wer keine Feinde hat. Da muss die Liebe zu Muddern ja immens sein, wenn man sowas treibt und sich der Straftat des Betruges und der Nötigung strafbar macht und das ohne drüber nachzudenken, was mit Mudderns Pschyche is. Die brauchte erstmal ne Tavor und konnte sich nicht mehr beruhigen, war sie doch so aufgeregt, endlich was vom verschollenen Bruder zu hören wo es ihr nicht gut geht. Oder war da doch Nachdenken am Werk? Ein Schelm wer böses dabei denkt?

Und wie sie so über einiges nachdenkt und reflektiert, fragt sie sich „Ist das eigentlich das, für das ich ausgebildet wurde?“ Dereinst an der Universität lehrte man sie von den Menschen und der Pathologie, der Pharmazie und Anatomie, der Physiologie und Seelenklempnerei, der Schrauber- und Näherei, der Pillendoktorei und in alle-Höhlen-Guckerei. Medizin schien wunderbar. Doch was hatte das alles mit dem seltsamen Dasein zu tun, was sie heute führt?